Zuversicht aus dem Gefängnis

Philipper 1, 12 – 18 a
12 Ich lasse euch aber wissen, Brüder und Schwestern: Wie es um mich steht, das ist zur größeren Förderung des Evangeliums geschehen. 13 Denn dass ich meine Fesseln für Christus trage, das ist im ganzen Prätorium und bei allen andern offenbar geworden, 14 und die meisten Brüder in dem Herrn haben durch meine Gefangenschaft Zuversicht gewonnen und sind umso kühner geworden, das Wort zu reden ohne Scheu. 15 Einige zwar predigen Christus aus Neid und Streitsucht, einige aber auch in guter Absicht: 16 diese aus Liebe, denn sie wissen, dass ich zur Verteidigung des Evangeliums hier liege; 17 jene aber verkündigen Christus aus Eigennutz und nicht lauter, denn sie möchten mir Trübsal bereiten in meiner Gefangenschaft. 18 Was tut’s aber? Wenn nur Christus verkündigt wird auf jede Weise, es geschehe zum Vorwand oder in Wahrheit, so freue ich mich darüber.

Ein Brief aus dem Gefängnis. Aber merkwürdigerweise kein Wort über die Umstände, keine Klage über Haftbedingungen. Die damals sicherlich nicht sonderlich komfortabel gewesen sein dürften. Der Gefangene Paulus ist im ganzen Prätorium in aller Munde. B sie über ihn reden wie später über einen anderen Gefangenen: Wer bin ich? Sie sagen mir oft, ich träte aus meiner Zelle, gelassen und heiter und fest, wie ein Gutsherr aus seinem Schloss. Wer bin ich? Sie sagen mir oft, ich spräche mit meinen Bewachern frei und freundlich und klar, als hätte ich zu gebieten.“ (D. Bonhoeffer, 16. 7. 44) Es ist eine offene Frage, die einen umtreiben kann, ob hinter so einer Haltung eine starke Persönlichkeit stehen muss oder ob sie aus der Bindung an Christus erwächst. Es ist kein Zweifel: Paulus weiß sich gefangen um Christi willen.

Es scheint, Paulus mit seiner Haltung ist ansteckend. Die Brüder (und Schwestern?) gehen nicht in Deckung. Sie füllen gewissermaßen seinen Platz draußen aus. Sie gewinnen an seinem Beispiel Mut. Das ist ja eine Erfahrung bis heute: Nicht nur Mutlosigkeit ist ansteckend, auch Mut kann anstecken. Es gibt ein Klima der Resignation, das sich wie Mehltau auf alles tun legen kann. Es gibt aber auch die andere Bewegung, dass der Mut des Einzelnen sich vervielfacht, weil sich viele kleine Leute an vielen Orten ein Beispiel an ihm nehmen.

Nachahmenswert: Paulus verwendet keine Kraft darauf, die Motive zu ergründen, die bei manchen im Spiel sind. Ob sie sich wichtigmachen wollen, ob sie sich an seine Stelle setzen wollen, ob sie Ehrgeiz oder Neid antreibt, ob sie sich dadurch Gewinn versprechen, Einfluss, Ansehen. Das alles interessiert ihn nicht. Von Interesse ist allein: sie verkündigen. E kann helfen, auch heute sich zu befreien von einer Haltung, die über der Suche nach ehrenwerten oder anrüchigen Motiven vergisst, dass es allein darauf ankommt: dass Christus verkündigt wird. Als der Heiland, als der Retter, als die vertrauensbildende Maßnahme Gottes, uns misstrauischen Menschen gegenüber.

Es ist ein Lernprozess, den Du, unser Gott, mit uns gehst. Du willst uns auch in der Tiefe den Mund öffnen, auch in Ängsten Zuversicht zuwachsen lassen. Du willst uns sehen lehren, dass andere mit der Verkündigung weitermachen, wenn wir nicht mehr können, nichts mehr zu sagen haben. Danke, dass Du immer neu Menschen zu Deinen Boten machst, sie in Dienst nimmst, auch wenn wir sie nicht immer so sehen, dass sie unsere Ansprüchen genügen. Es reicht, dass sie Dir genügen. Amen

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