Sprüche 6, 6 – 11
6 Geh hin zur Ameise, du Fauler, sieh ihre Wege an und werde weise! 7 Wenn sie auch keinen Fürsten noch Hauptmann noch Herrn hat, 8 so bereitet sie doch ihr Brot im Sommer und sammelt ihre Speise in der Ernte. 9 Wie lange liegst du, Fauler! Wann willst du aufstehen von deinem Schlaf? 10 Ja, schlafe noch ein wenig, schlummre ein wenig, schlage die Hände ineinander ein wenig, dass du schläfst, 11 so wird dich die Armut übereilen wie ein Räuber und der Mangel wie ein gewappneter Mann.
Bei uns zu Hause hieß das: „Ohne Fleiß kein Preis.“ Die alternativen zum Lernen, arbeiten wurden mir eindringlich vor Augen gestellt: Steine klopfen. Das war die Tätigkeit, mit der mein Großvater in harten Winterzeiten und schlechten Jahren die schmale Haushaltskasse aufgefüllt hatte. Diese Erinnerungen legen nahe bei den Worten der Weisheit: Lernen von der Ameise. Die Krone der Schöpfung soll lernen von dem Gewimmel im Ameisenhaufen. Was folgt, ist wie ein Weckruf. Kein Mittagsschlaf. Die Warnung vor den Folgen der Trägheit. Sich regen bringt Segen. Wer sich nicht regt, wird nicht erfahren, dass Arbeit auch Ertrag bringen kann. Es hat etwas von der bäuerlichen Weisheit, wie sie mir im Westerwald-Dorf meiner Herkunft sichtbar vor Augen geführt wurde. Man kann sehen, ob einer fleißig ist, ob einer sich müht. Man sieht es am Hof, am Stall, am Vieh, auch am Misthaufen. „Morgenstund´ hat Gold im Mund.“ – „Der frühe Vogel fängt den Wurm.“ Und, sozusagen als Kontrast-Programm: „Müßiggang ist aller Laster Anfang.“ An Sprichworten auch aus unserer Tradition ist kein Mangel, wenn es um das Lob des Fleißes und den Tadel der Faulheit geht.
Die Weisheit Israels kennt keine „soziale Hängematte“, keine Absicherung für die, die sich nicht um das eigene Auskommen mühen. Sie kennt die soziale Aufmerksamkeit – wo jemand unverschuldet in Not geraten ist. Aber sie ist nicht gewillt, Faulheit und Trägheit irgendwie zu entschuldigen oder zu tolerieren. Wobei sie auch nicht geneigt ist, die Tüchtigkeit der Leistungsträger als geradezu unübertreffliche Tugend zu verklären
Du, mein Gott, verteilst keine Fleißnoten. Du nimmst uns alle wie wir sind – leistungsstark oder leicht erschöpft, kraftvoll oder schwächelnd. Du traust uns zu, dass wir mit unseren Kräften ordentlich umgehen. Du willst nicht, dass wir unsere Tage verträumen, unsere Talente verkümmern lassen, uns auf die anderen verlassen. Du willst aber auch nicht die Arroganz der Leistungsträger, die auf andere herabschauen, die nicht so zielbewusst und leistungsorientiert unterwegs sind. Gib Du mir, dass ich treu bin in dem, was mein Tagwerk ist. Amen