Warum wir nicht aufhören können, weiterzusagen

Römer 10, 16 – 21

16 Aber nicht alle waren dem Evangelium gehorsam. Denn Jesaja spricht: »Herr, wer glaubte unserm Predigen?« 17 So kommt der Glaube aus der Predigt, das Predigen aber durch das Wort Christi. 18 Ich frage aber: Haben sie es nicht gehört? Doch, es ist ja »in alle Lande ausgegangen ihr Schall und ihr Wort bis an die Enden der Welt« 19 Ich frage aber: Hat es Israel nicht verstanden? Als Erster spricht Mose: »Ich will euch eifersüchtig machen auf ein Nicht-Volk; über ein unverständiges Volk will ich euch zornig machen.« 20 Jesaja aber wagt zu sagen: »Ich ließ mich finden von denen, die mich nicht suchten, ich offenbarte mich denen, die nicht nach mir fragten.« 21 Zu Israel aber spricht er: »Den ganzen Tag habe ich meine Hände ausgestreckt nach einem Volk, das sich nichts sagen lässt und widerspricht.«

Es ist ein harter Brocken, an dem Paulus zu kauen hat. Warum kommt es nicht zum Glauben – in Israel? Es ist keine ganz neue Erfahrung, jetzt, in der Zeit des Paulus. Auch die Propheten haben es erleben und ertragen müssen, dass ihre Worte kein Gehör gefunden haben. Jesaja muss tauben Ohren die Botschaft Gottes sagen, Jeremia genauso. Und beiden ist dieses Nichthören auch noch angesagt worden! Nur: Dieses Nichthören ist kein Grund, mit dem Weitersagen aufzuhören, es aufzugeben. Es ist die Überzeugung des Paulus: Irgendwann wird es doch zum Hören kommen, zum Gehorsam gegen das gehörte Wort Christi, so wörtlich.

Wir heute müssen uns wohl frei machen von den Bildern, die mit den Worten Predigt und Predigen ausgelöst werden. Da steht damals niemand auf einer Kanzel. Es geht um das Erzählen von Jesus, um das Gespräch von Mann zu Mann, Frau zu Mann, Frau zu Frau. Um das Zeugnis, das aus den Erfahrungen des eigenen Lebens erwächst. Es geht um die Einladung, die einer/eine aussprechen kann: Sieh doch, ob Du nicht die gleichen Erfahrungen wie ich machen kannst – mir geht es gut damit. Dir wird es auch gut tun.

Die Schwierigkeit, die nur angedeutet ist. Es gibt eine Haltung, die sagt: Was bildest du dir eigentlich ein, mir sagen zu wollen, was mir gut tun könnte. Mir sagen zu wollen, was es mit Gott auf sich hat. Mir den Weg Gottes in der Geschichte aufzeigen zu wollen. Daran hat sich bis heute nicht viel geändert. Wer sagt, dass er ratlos vor den Wegen Gottes steht, muss nicht mit Widerspruch rechnen. Wer aber umgekehrt von sich sagt, dass er in seinem Leben den Weg Gottes als einen guten Weg entdeckt hat, für sich selbst, aber gerne auch für andere, der muss sich auf heftige Anfragen einstellen. Auf die Frage, wie er dazu kommt, sich so etwas einzubilden. Denn: „Nichts Genaues weiß man doch nicht – das ist das Wesen des Glaubens!“ So die landläufige Meinung. 

Das ist nicht nur die Geschichte der Zeugen des Glaubens. Das ist erschreckend genug auch die Geschichte Gottes. Er sucht und sucht, er ruft und ruft, aber er findet kein Gehör. Es wäre kein Wunder, wenn Gott aufgeben würde. Das allerdings ist nicht Gottes Art. Darum verfällt er auf die Idee, die eifersüchtig zu machen, die doch die Ersten sind, die er gerufen hat. Eifersüchtig dadurch, dass anderen ihren Weg des Glaubens finden und gehen.

Gern zitiert, aber nicht wirklich in unseren Kirchen als Warnung angekommen: „Die predigt des Evangeliums ist keine ewig währende, bleibende Lehre, sondern ist wie ein fahrender Platzregen, der dahinläuft; was er trifft, das trifft er; was fehlt, das fehlt; er kommt aber nicht wieder, bleibt auch nicht stehen, sondern die Sonne und Hitze kommen hernach und lecken ihn auf. Das gibt auch die Erfahrung, daß an keinem Orte der Welt das Evangelium lauter und reiner bleibt über eines Mannes Gedenken, sondern solange die geblieben sind, die es aufgebracht haben, ist es gestanden und hat zugenommen; wenn dieselben dahin waren, so war das Licht auch dahin, folgten bald darauf Rottengeister und falsche Lehrer. Liebe Brüder! Kauft, dieweil der Markt vor der Tür ist, sammelt ein, weil es scheint und gut Wetter ist. Brauchet Gottes Gnade und Wort, weil es da ist. … Und ihr Deutschen dürft nicht denken, daß ihr es ewig haben werdet; denn der Undank und die Verachtung wird es nicht lassen bleiben. Darum greife zu und halte fest, wer greifen und halten kann; faule Hände müssen ein böses Jahr haben.(M. Luther, An die Burgermeyster und Radherrn allerley stedte ynn Deutschen landen.; 1524) 

Ob das auch der Weg Gottes heute ist? Der Glaube ist ausgewandert aus Europa. Europa ist zum „Katastrophengebiet des Glaubens“ (P.L. Berger) geworden. Aber das ist nicht das Ende des Glaubens. Er ist weitergewandert – nach Afrika, nach Südamerika, nach Asien. 

Wenn Du, unser Gott, nicht aufhörst, Deine Hand nach uns auszustrecken, uns zu suchen mit Deinem Wort – wie können wir dann aufgeben mit dem Weitersagen? Wenn Du nicht müde wirst zu rufen, Du, der Uralte, wie können wir dann für uns eine Altersgrenze setzen du sagen: Jetzt ist es gut mit der Arbeit, für den Glauben zu werben? Gib Du uns den langen Atem, damit wir nichtaufgeben, davon zu erzählen, dass wir in Dir die Zuflucht in allen Nöten haben, dass wir Deiner Liebe trauen in einer Welt, die so oft im Chaos zu versinken scheint. Halte Du uns fest in unserem Glauben. Amen

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