Psalm 121
1 Ein Wallfahrtslied. Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen. Woher kommt mir Hilfe? 2 Meine Hilfe kommt vom HERRN, der Himmel und Erde gemacht hat. 3 Er wird deinen Fuß nicht gleiten lassen, und der dich behütet, schläft nicht. 4 Siehe, der Hüter Israels schläft noch schlummert nicht. 5 Der HERR behütet dich; der HERR ist dein Schatten über deiner rechten Hand, 6 dass dich des Tages die Sonne nicht steche noch der Mond des Nachts. 7 Der Herr behüte dich vor allem Übel, er behüte deine Seele. 8 Der Herr behüte deinen Ausgang und Eingang von nun an bis in Ewigkeit!
Ein Wallfahrtslied zum Jahresende –Erinnerung daran, dass wir unterwegs sind. Ich vergesse das oft. Aber das Leben ist keine Dauereinrichtung, sondern es unterliegt dem Vergehen. Wir sind auf der Wanderschaft. Gleichwohl seltsam zu lesen – am Ende des Jahres in Psalm, der auf guten Aufbruch und guten Anfang hofft. Auf einen guten Weg nach vorne. Vielleicht ist es allerdings gar nicht so seltsam? Damit es zu einem guten Weg nach vorne kommen kann, braucht es den befreiten Blick nach hinten, Entlastung von Fehlern und Versäumnissen! Es braucht die Gewissheit der Weggenossenschaft, die sich in der Vergangenheit bewährt hat und die darum auch für die Zukunft in neuem, unbekanntem Land erhofft werden darf. Hoffnung auf eine gute Zukunft fällt ja nicht vom Himmel. Sie braucht Anhaltspunkte in guten Erfahrungen der Vergangenheit. Die Sänger dieses Liedes kannten ihr Weg. Sie gingen nach Jerusalem und durch Jahrhunderte hindurch haben sich Juden so gegrüßt: Bis nächstes Jahr in Jerusalem! Hoffnung braucht auch den Zuspruch, das gute Wort, das mir ein anderer sagt. Dass die Sonne nicht verbrennt und der Mond nicht in die Irre führt, dass sichere Schritte möglich sind, sogar auf wankendem Boden. Es ist die Entdeckung, dass die normale Gegenwart so zum Zeichen der Treue Gottes werden kann. Tag um Tag, Nacht um Nacht.
Eines weiß ich und das sehe ich auch in diesem Psalm: Ich bin durch das vergangene Jahr wunderbar geleitet worden. Gott hat unseren Fuß gehalten. Gott hat uns vor den Gefahren des Lebens gnädig behütet. Er hat uns geschützt und uns Weg um Weg gehen lassen. Dafür kann ich nur aus Herzensgrund danken. Und darum kann ich ihn bitten: Lass Du den Ausgang unserer Wanderschaft gesegnet sein und segne Du auch den Eingang in Dein Ziel. Ja, dass wir ans Ziel kommen, ans Ziel unseres Lebens – das ist die große Bitte, die mich bewegt. Ans Ziel eines Jahres zu gelangen, das ist nur ein Teilschritt auf dem großen Weg, den wir gehen dürfen, dem Weg in Gottes Ewigkeit. In verwirrenden Zeiten braucht es umso mehr ein festes Herz, die Gewissheit, dass er da ist, der uns behütet, uns schützt und schirmt, an uns festhält, auch wenn wir den Halt zwischenzeitlich einmal verloren haben. „Wie ein Adler sein Gefieder über seine Jungen streckt, also hat auch hin und wieder mich des Höchsten Arm bedeckt.“ Darauf darf ich trauen, am Ausgang eines Jahres und zum Anfang eines neuen Jahres.
Es ist Deine Gnade, sich von den vergangenen Zeiten versöhnt lösen zu können. Es ist Deine Gnade, die Du, unser Gott, schenkst, auf den Weg durch das Jahr zu schauen und zu sehen: Du hast bewahrt. Du hast auch in schweren Zeiten Deine Hand über uns gehalten. Du warst da, auch wenn wir uns manchmal mutterseelenallein vorgekommen sind. Danke für das Jahr und danke, dass wir zuversichtlich in das neue, noch unbekannte Land der Zukunft schauen können. Du wirst da sein, nah sein. Amen