Römer 9, 30 – 10,4
30 Was wollen wir hierzu sagen? Die Heiden, die nicht der Gerechtigkeit nachjagten, haben Gerechtigkeit erlangt, nämlich die Gerechtigkeit, die aus dem Glauben kommt. 31 Israel aber, das dem Gesetz der Gerechtigkeit nachjagte, hat das Gesetz nicht erreicht. 32 Warum das? Weil es die Gerechtigkeit nicht aus Glauben suchte, sondern als komme sie aus Werken. Sie haben sich gestoßen an dem Stein des Anstoßes, 33 wie geschrieben steht: »Siehe, ich lege in Zion einen Stein des Anstoßes und einen Fels des Ärgernisses; und wer an ihn glaubt, der soll nicht zuschanden werden.«
10,1 Brüder und Schwestern, meines Herzens Wunsch ist und ich flehe auch zu Gott für sie, dass sie gerettet werden. 2 Denn ich bezeuge ihnen, dass sie Eifer für Gott haben, aber ohne Einsicht. 3 Denn sie erkennen die Gerechtigkeit nicht, die vor Gott gilt, und suchen, ihre eigene Gerechtigkeit aufzurichten, und sind so der Gerechtigkeit Gottes nicht untertan. 4 Denn Christus ist des Gesetzes Ende, zur Gerechtigkeit für jeden, der glaubt.
Es ist eine harte Botschaft: wer auf sich selbst setzt, auf die eigene Frömmigkeit, auf das eigene Denkvermögen, der wird am Ende nur mit leeren Händen dastehen. Es gibt keinen Zugang zu der Gerechtigkeit, die vor Gott trägt als das Vertrauen, als den Glauben, als die leeren Hände hinzuhalten, um sie sich von Gott füllen zu lassen.
Es ist gut, dass Paulus nicht einfach aufhört, fertig mit seinem Volk, weil es nicht wie er glaubt. Er kann und mag sich nicht mit den Urteilen über Israel abfinden. Er hofft, dass sie nicht Gottes letztes Wort in der Sache Israel sind. Es ist sein Wunsch, sein inneres Sehnen, sein Beten, dass sie gerettet werden. Das ist mehr als nur Solidarität mit dem eigenen Herkunftsvolk.Der Fall Israel ist für Paulus nicht abgeschlossen. Wie sollte das auch sein können, wo Paulus doch an das Erbarmen Gottes glaubt, an den Gott, der nicht aufhört zu suchen, nicht aufgibt, wenn und weil einer ihm feindlich gegenüber tritt.
Das zu lesen in einer Zeit, in der in unserem Land die Kirchen leer und leerer werden. In der der Exodus aus der Kirche eine Massenbewegung geworden ist. Finden wir uns einfach damit ab, ziehen uns zurück und sagen: sie werden schon sehen, was sie sich da eingebrockt haben. Oder halten wir fest an der Hoffnung, dass Gott auch die nicht aufgibt, die ihn aufgegeben haben. Dass Gott auch die nicht abschreibt, die ihn längst abgeschrieben haben?
Der Exodus aus den Kirchen stellt Finanzierungsmöglichkeiten in Frage. Er stellt den öffentlichen Einfluss der Kirchen auf gesellschaftliche Debatten in Frage. Vor allem aber stellt er die Frage nach dem Glauben derer, die in der Kirche bleiben: Halten wir fest an der Hoffnung für die, die gegangen sind? Halten wir fest daran, dass ihnen die Liebe Gottes gelten wird- unveränderlich, grundlos, bedingungslos.