Ein Hinweis in eigener Sache: Am 14. Juli werde ich 77 Jahre. Mit diesem Tag werde ich meinen Blog einstellen. Ich habe jetzt zehn Jahre Tag um Tag daran gearbeitet und habe nun das Gefühl: ich habe alles gesagt, was ich zu sagen habe. Ich habe mich ein wenig müde geschrieben. Deshalb höre ich auf. Seid behütet, alle meine Leserinnen und Leser. ich bleibe Euch im Glauben verbunden. Uli Lenz
Matthäus 27,15 – 30
15 Zum Fest aber hatte der Statthalter die Gewohnheit, dem Volk einen Gefangenen loszugeben, welchen sie wollten. 16 Sie hatten aber zu der Zeit einen bekannten Gefangenen, der hieß Jesus Barabbas. 17 Und als sie versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt ihr? Wen soll ich euch losgeben, Jesus Barabbas oder Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus? 18 Denn er wusste, dass sie ihn aus Neid überantwortet hatten. 19 Und als er auf dem Richterstuhl saß, schickte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute viel erlitten im Traum um seinetwillen. 20 Aber die Hohenpriester und die Ältesten überredeten das Volk, dass sie um Barabbas bitten, Jesus aber umbringen sollten. 21 Da antwortete nun der Statthalter und sprach zu ihnen: Welchen wollt ihr? Wen von den beiden soll ich euch losgeben? Sie sprachen: Barabbas! 22 Pilatus sprach zu ihnen: Was soll ich dann machen mit Jesus, von dem gesagt wird, er sei der Christus? Sie sprachen alle: Lass ihn kreuzigen! 23 Er aber sagte: Was hat er denn Böses getan? Sie schrien aber noch mehr: Lass ihn kreuzigen! 24 Da aber Pilatus sah, dass er nichts ausrichtete, sondern das Getümmel immer größer wurde, nahm er Wasser und wusch sich die Hände vor dem Volk und sprach: Ich bin unschuldig am Blut dieses Menschen; seht ihr zu! 25 Da antwortete alles Volk und sprach: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! 26 Da gab er ihnen Barabbas los, aber Jesus ließ er geißeln und überantwortete ihn, dass er gekreuzigt würde. 27 Da nahmen die Soldaten des Statthalters Jesus mit sich in das Prätorium und versammelten um ihn die ganze Kohorte 28 und zogen ihn aus und legten ihm einen roten Mantel an 29 und flochten eine Dornenkrone und setzten sie auf sein Haupt und gaben ihm ein Rohr in seine rechte Hand und beugten die Knie vor ihm und verspotteten ihn und sprachen: Gegrüßet seist du, der Juden König!, 30 und spien ihn an und nahmen das Rohr und schlugen damit auf sein Haupt.
Die Warnung der Frau des Pilatus, wenn es denn eine ist, verpufft. Pilatus hört nicht auf ihre Stimme seiner Frau. Darin ist er kein Einzelfall. Bedenkenträger, erst recht, wenn sie sich auf Träume berufen, finden nicht so leicht Gehör. Sie stören nur den Gang der Dinge. Ob Pilatus, befasst mit seinem vermeintlichen Ausweg, die Worte seiner Frau überhaupt wahrgenommen, geschweige denn ernst genommen hat?
Es ist eine Situation, mit der der Statthalter nicht gerechnet hat. Eine aufgeputschte Menge, gesteuert aus dem Hintergrund, von Hohenpriester und Ältesten fordert nicht den Heiler, den Prediger als Freizulassenden. Sie setzen auf den Freiheitskämpfer. Ob sich dahinter auch Enttäuschung zu Wort meldet, weil es bei Jesus über in paar Wunder hinaus, irgendwo in Galiläa, nicht zu Taten der Befreiung gekommen ist. Ob sie es ihm übelnehmen, dass er nicht Messias nach ihrer Vorstellung ist, sondern einen anderen Weg, seinen Weg geht?
Pilatus lässt dem Volk seinen Willen – und sieht sich damit draußen vor. Mit dem, was jetzt werden wird, hat er nichts mehr zu tun. Es ist der Versuch, sich einzureden, dass er nicht mit dem Geschehen, das nun seinen Gang nimmt, in Verbindung gebracht wird – so wie es das Glaubensbekenntnis der Christenheit seit dem 8. Jahrhundert tut: 2Gelitten, unter Pontius Pilatus gekreuzigt.“ Die Selbstlüge des Pilatus ist im kollektiven Gedächtnis der Christenheut nicht angekommen.
Was folgt, ist das übliche Spiel der Rohheit. Das Spiel der Soldateska, die mit ihren Opfern ihre Spiele treibt. Sie haben ihren Spaß dabei. Purpurmantel, Dornenkrone sind Persiflagen auf den Christus. Sie sind gleichzeitig eine Verspottung des Volkes, das diese Hinrichtung wollte, auch der Ältesten und Hohenpriester als der Strippenzieher im Hintergrund. Seht her – diese Gestalt ist euer Judenkönig. Er wird fertig gemacht. Abu Greiph, Butscha und die Folterlager in Somalia, im Iran und anderswo haben hier ihr grausiges Vorspiel.
Was mich am Ruf Sein Blut komme über uns und unsere Kinder! vor allem erschreckt, ist seine Wirkungsgeschichte. Wann immer es zu Judenpogromen gekommen ist, zur Jagd auf Juden, zur Vernichtung von Juden – dieser Satz hat herhalten müssen. Die Juden sind die Christusmörder. Das ist die Anklage, mit der man nur zu gerne auch die brutalsten Aktionen gegen jüdische Menschen, gegen die „jüdische Rasse“ begründet hat. Auch wenn man selbst es mit dem Christus gar nicht so hatte und hat. Wir bestrafen nur die, die sich am Heiligen vergriffen haben, weil ihnen nichts heilig ist. Der latente und offene Antisemitismus hat sich hier allzu gerne bedient und tut es heute noch und hat sich damit ein gutes Gewissen zu machen gesucht.
Mein Gott, es ist eine seltsame, aber nicht wirklich seltene Vorstellung: Nur die Einzelnen können nicht irren, die Vielen haben fast immer Recht. Aber das Geschrei des Volkes vor diesem Gericht ist nicht die Stimme des Rechtes. Es ist das Geschrei manipulierter Leute. Du doch: Es muss Deinem Weg dienen. Es fällt mir schwer, so zu denken, dass Du auf diese seltsame Weise unsere Erlösung vorantreibst. Indem Du Jesus dieser Massenhysterie und dem perfiden Spiel der Folterknechte überlässt. Das werde ich wohl nie verstehen. Auch wenn Du so unser Heil voranbringst. Amen
Meine Dankbarkeit und Staunen über den jahrelangen Einsatz von Zeit, Weitergeben von Wissen und Liebe zu den Glaubensgeschwistern ist sehr groß. Ich kann es sehr gut verstehen, dass es Zeit ist, andere Prioritäten zu setzen. Da gibt es sicher sehr viel. DER HERR SEGNE SIE GANZ REICH!!!
Zu Ihrem Gebet: Es fällt mir schwer……..
Ich frage mich auch: Warum muss es so eine schlimme Folter für Jesus sein, damit das Erlösungswerk vollbracht werden kann?
Es gibt nicht wenige „Ungläubige(?)“, die sagen: Mit einem Gott, der so mit seinem Sohn verfährt, wollen
wir nichts zu tun haben!
Es ist so, weil Menschen sind, wie sie sind. Gott hat das nicht angeordnet. Aber er hat auch durch dieses Tun von Menschen seine Erlösung nicht auf Eis legen lassen. Er hat nicht mit Abbruch seines Weges geantwortet, sondern mit Ostern.
Vielen Dank, Herr Lenz, für Ihre Antwort! Sie war für mich ein richtiges Aha-Erlebnis:
Ach so ist das!!! Weil Jesus immer wieder davon sprach, dass er (am Kreuz) erhöht
werden müsse, verstand ich das so, als sei die Kreuzigung eine von Gott beschlossene Sache. – Aber Gott sieht voraus, was durch die Menschen geschehen
wird, dass die Menschen beschließen, Jesus zu kreuzigen.
Dadurch, dass Gott auf das Werk der Menschen mit Ostern antwortet, ist Ostern
nochmals ein viel größeres Wunder von Gottes Liebe und Allmacht.
Lieber Herr Lenz, mit großem Verständnis und noch größerem Bedauern habe ich gelesen, dass Sie Ihre großartige Arbeit zum Juli beenden wollen. Sie haben mich mit Ihren täglichen geistlichen Impulsen, Gedanken und Anregungen fast täglich begleitet und inspiriert. Sie werden mir schmerzlich fehlen! Danke, Danke, Danke für Ihre Ausdauer über so viele Jahre. Danke für Glaubensermutigung und Fragen! In einer Zeit vielfältiger Abschiede von der Kirche, wie wir die lange kannten, ist das noch ein Abschied mehr. Ich wünsche Ihnen, dass die Schreibmüdigkeit wieder nachlässt und es zu neuer Schreiblust kommt. Dann auf anderen Kanälen und ohne den täglichen Druck. So hoffe ich, dass wir uns wenigstens lesend wiedersehen. Bleiben Sie behütet und gesegnet. Ihr Leser Markus Eisele
Danke für die freundlichen Worte. Sie tun mirgut.