- Mose, 17 – 24
17 Als er nun zurückkam von dem Sieg über Kedor-Laomer und die Könige mit ihm, ging ihm entgegen der König von Sodom in das Tal Schawe, das ist das Königstal. 18 Aber Melchisedek, der König von Salem, trug Brot und Wein heraus. Und er war ein Priester Gottes des Höchsten 19 und segnete ihn und sprach: Gesegnet seist du, Abram, vom höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat; 20 und gelobt sei Gott der Höchste, der deine Feinde in deine Hand gegeben hat. Und Abram gab ihm den Zehnten von allem. 21 Da sprach der König von Sodom zu Abram: Gib mir die Leute, die Güter behalte für dich! 22 Aber Abram sprach zu dem König von Sodom: Ich hebe meine Hand auf zu dem HERRN, dem höchsten Gott, der Himmel und Erde geschaffen hat, 23 dass ich von allem, was dein ist, nicht einen Faden noch einen Schuhriemen nehmen will, damit du nicht sagest, du habest Abram reich gemacht, 24 ausgenommen, was die Knechte verzehrt haben; doch lass die Männer Aner, Eschkol und Mamre, die mit mir gezogen sind, ihr Teil nehmen.
So verschieden können Könige sein! Der eine, der König von Sodom fordert von Abram „die Leute“, vermutlich als einen Teil der Beute, um sie in die Sklaverei zu verkaufen. Die Antwort Abrams: Alles, was Dir zusteht wirst du erhalten. Nichts für mich. Allerdings: Meine Männer sollen ihren Anteil erhalten. So sorgt der Anführer Abram für seine Leute. Ob hinter diesen Worten auch schon eine Zurechtweisung steht? Weil Abram so stark seine Abhängigkeit vom Herrn, der Himmel und Erde geschaffen hat, betont. Wie anders dagegen der König von Salem, Melchisedek. Geheimnisumwittert, schon seinem Namen nach: König der Gerechtigkeit. Einer mit Macht, einer, der Segen zuspricht. Einer, der nichts für sich fordert, sondern der von sich aus gibt. Einer, der Abram in der Verbindung mit Gott sieht, dem Höchsten, dem keiner gleicht. Dieser Kontrast zwischen den beiden Königen, die Abram entgegenkommen, ist sicher kein Zufall. Er ist voll Bedeutung, auch wenn sich diese Bedeutung nicht aus dem Augenblick heraus erschließt. Der König von Sodom wird mit einer Stadt vergehen. Melchisedek dagegen wird zum Vorbild für ein unvergängliches Priestertum.
Am Ende ist alles gut? Melchisedek, König der Gerechtigkeit, legt seinen Segen auf Abram. Was die Erzählung vermieden hat zu sagen, wird hier zur Deutung: Hinter dem Sieg Abrams steht der „hohe Gott.“ El Eljon. So wie hinter Davids Sieg über Goliath der HERR stehen wird. Ich lese das und bin damit zufrieden und tue mich gleichwohl schwer damit. Weil ich Gott im Grunde nicht als Kriegspartei will, so wie ich auch uns nicht als Kriegspartei will. Nur: Die Welt ist nicht so, wie ich sie mir wünsche und ich kann sie mir auch nicht wie Pippi Langstrumpf zurecht denken.
Weil das so ist, hält dieser Segen nach der Schlacht fest: „Du bist in Gottes Händen.“ Ob du siegst oder unterliegst – immer bist du in Gottes Händen Der Segen ist keine Garantie-Erklärung für Erfolg. Er ist „nur“ Zusage von Nähe und Zuwendung. Das allerdings bleibend für immer. Ob das zu wenig ist, weniger als der alte Text sagen will? Ich weiß es nicht. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass der Segen des Melchisedek mit Brot und Wein eben keine Zauberformel für zukünftige Erfolge ist, auch keine Schutzformel für zukünftigen Schwierigkeiten. Er ist Zuwendung, sichtbar, zu schmecken, weil wir auf leibhaftiges Wahrnehmen des Segen angewiesen sind. Damit kann ich für mein Teil gut leben.
An dieses Kapitel 14 hängt Luther 1527 eine Predigt an, in der er über den gerechten Krieg nachdenkt: „Darumb, wo es käme, dass ein Fürst im Lande oder Oeberkeit sich wehren oder schützen muss, und aufgebeut in ie Heerfahrt, so gehe hin im Namen Gottes, brenne, raube, würge was dir furkömpt unter den Feinden; was du thuen kannst, das thue frisch mit gutem Gewissen und Glauben. Da musst du nicht schonen, sondern thun, wie Kriegs-Art ist, nicht denken, was du erdest Wittwen und Waisen machen; sondern ansehen, dass Gott so ordnet, das Land oder Volk zu strafen. Wirst du drüber geschlagen, so lass es Gott walten.“ (W.A 24, 264 -287 zit. Nach H. Werner, Abraham, Der Erstling und Repräsentant Israels, Göttingen 1965, S. 137) Das sind fremde und befremdende Töne. Ein Versuch, aufgeschreckte Gewissen zu beruhigen.
Mein Gott, Du stellst uns in Deinen Segen. Du sendest Leute zu uns, die in Deinem Namen Segen auf uns legen. Wir vergessen es so leicht, dass wir vielfach gesegnete Leute sind – in der Taufe, der Konfirmation, wenn wir heiraten, am Ende des Gottesdienstes. Sogar, wenn unser Sarg hinaus getragen wird – über uns ein Wort des Segens.
Du willst, dass wir ein Segen sind für die, die mit uns auf dem Weg sind. Lass es uns üben – Deinen Segen auf die zu legen, mit denen wir auf dem Weg sind: Auf die Eltern, auf die Kinder, auf die Freunde, die Nachbarn, die Weggefährten. Auf alle, die uns nahe sind und auch auf die, die uns fern sind und fremd. Amen