- Mose 6,1- 4
1 Als aber die Menschen sich zu mehren begannen auf Erden und ihnen Töchter geboren wurden, 2 da sahen die Gottessöhne, wie schön die Töchter der Menschen waren, und nahmen sich zu Frauen, welche sie wollten. 3 Da sprach der HERR: Mein Geist soll nicht immerdar im Menschen walten, denn er ist Fleisch. Ich will ihm als Lebenszeit geben hundertzwanzig Jahre. 4 Es waren Riesen zu den Zeiten und auch danach noch auf Erden. Denn als die Gottessöhne zu den Töchtern der Menschen eingingen und sie ihnen Kinder gebaren, wurden daraus die Riesen. Das sind die Helden der Vorzeit, die hochberühmten.
Gottessöhne – Engel? Angezogen von der Schönheit der Töchter der Menschen. So unbefangen taucht das Thema Erotik in der Schrift auf. Da wird ein Geschlecht geboren, das den Rahmen der normalen Lebenskraft und Lebenszeit sprengen könnte. Ob sich dahinter Kritik verbirgt: Die Grenzüberschreitung zwischen Gottessöhnen und Menschentöchtern wird durch eine Grenzziehung beantwortet. Der individuellen Maßlosigkeit wird ein Maß für alle gesetzt Letztlich geht es wohl darum, dass hier etwas von einer Überhöhung des Menschlichen ins Übermenschliche, Riesenhafte erzählt wird und damit eine Gefährdung, die über sich hinauswächst und schließlich die Menschheit insgesamt gefährdet.
Was fangen wir heute damit an – in Zeiten, in denen das Stichwort „Transhumanismus“ eine Richtung angibt, die davon träumt, die Grenzen des Menschen zu erweitern – ohne nach den Grenzen Gottes zu fragen. Und – wir entschlüsseln das Erbgut, um irgendwann doch Einfluss nehmen zu können auf Schönheit, Leistungsfähigkeit, Alter. Es läuft auf „eine Zerstörung tiefgreifendster Art durch das Aufkommen eines Übermenschentums.“ (G. v. Rad,) hinaus. Wann immer Menschen sich eine Art „Herrenmenschentum“ selbst bescheinigt haben, hat das die Abwertung aller anderen – Völker, Rassen, Religionen im Gefolge. Die Erinnerung daran bewahrt bis in unsere Zeit die Warnung vor einer Haltung, die aus Menschen „Titanen“ macht. Es bleibt seltsamen Gruppierungen wie der Scientology vorbehalten, die Steigerung des Menschlichen ins Titanenhafte als Ziel der Entwicklung der Menschheit zu benennen. Ist die alte Geschichte an dieser Stelle ein überraschend aktueller Zwischenruf in unsere Zeit hinein? Gar ein Halt: Bis hierher und nicht weiter?
Du heiliger Gott, gibst uns unsere Lebenszeit. Du setzt unseren Leben auch seine Grenze. Manchmal sehen wir: es ist Wohltat, sterben zu dürfen. Manchmal leiden wir: Das ist unzeitiger Tod. Gib Du uns, dass wir unsere Lebenszeit aus Deiner Hand nehmen – im Guten und im Schweren. Bewahre uns vor der Maßlosigkeit, die sich über Deine Grenzen erheben will. Amen.