Gottes Lernprozess

  1. Mose 8, 13 – 22

13 Im sechshundertundersten Jahr Noahs am ersten Tage des ersten Monats waren die Wasser vertrocknet auf Erden. Da tat Noah das Dach von der Arche und sah, dass der Erdboden trocken war. 14 Und am siebenundzwanzigsten Tage des zweiten Monats war die Erde ganz trocken. 15 Da redete Gott mit Noah und sprach: 16 Geh aus der Arche, du und deine Frau, deine Söhne und die Frauen deiner Söhne mit dir. 17 Alles Getier, das bei dir ist, von allem Fleisch, an Vögeln, an Vieh und allem Gewürm, das auf Erden kriecht, das lass mit dir herausgehen, dass sie sich regen auf Erden und fruchtbar seien und sich mehren auf Erden. 18 So ging Noah heraus mit seinen Söhnen und mit seiner Frau und den Frauen seiner Söhne, 19 dazu alles wilde Getier, alles Vieh, alle Vögel und alles Gewürm, das auf Erden kriecht; das ging aus der Arche, ein jedes mit seinesgleichen. 20 Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar. 21 Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. 22 Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.

Ich lese über die Möglichkeit eines Meteoriten-Einschlags auf die Erde: „Ein Asteroid oder Komet, der mit kosmischer Geschwindigkeit unterwegs ist, würde so schnell in die Erdatmosphäre eintreten, dass die Luft vor ihm nicht ausweichen kann und wie in einer Fahrradpumpe zusammengedrückt wird… Komprimierte Luft wird sehr schnell heiß. Die Temperatur unterhalb des Objekts würde auf bis zu 60.000 Grad ansteigen, das Zehnfache der Temperaturen an der Oberfläche der Sonne. In dem Augenblick, wenn der Meteor in unserer Atmosphäre angelangt ist, würde alles, was ihm im Weg steht – Menschen, Häuser, Fabriken, Autos – verbrennen und verschwinden wie Zellophan in einer Kerzenflamme.“ (B. Bryson, Eine kurze Geschichte von fast allem. München 2004, S. 260) Vorwarnzeit vor so einem Ereignis: Überhaupt keine.  

            Was setze ich diesem Schreckensbild entgegen? Das Vertrauen auf die Bestandsgarantie Gottes. Er wird die Erde bewahren, ob es gilt den Menschen in den Arm zu fallen, die sie mit ihrem Verhalten in die Klima-Katastrophe treiben oder ob es gilt, sie vor solcher kosmischen Gefahr zu bewahren, Ist das naiv? Mag sein. Es ist eine Naivität, die sich aus dem Gottvertrauen nährt, die ihm sein Wort glaubt: Hinfort nicht mehr.  

            Es ist der gleiche Gott, der es leid war mit der Menschheit, der jetzt den neuen Anfang setzt. Nicht aus dem naiven Vertrauen, dass jetzt alles gut werden wird. Gott ahnt, dass auch die neue Menschheit von der gleichen Art sein wird wie die, die in der Sintflut untergangen ist. Es ist der Lernprozesses Gottes: Ich muss mit den Menschen leben, die sind, wie sie sind. Auch nach der Flut sind die Menschen nicht plötzlich gut, nett, nicht mehr bösartig. Es ist eine eher naive Vorstellung, dass die, die dem Untergang entgegen sind, von nun an gute Menschen sein werden. Es ist ein Satz über den Lernweg Gottes: Ich habe es mit Menschen zu tun, die sich nicht an die Spielregeln halten – nicht an meine und auch nicht an ihre eigenen, die sie zügeln sollen.

Das ist auch eine starke Kritik an allen späteren Vorstellungen, man könne den guten, den neuen Menschen schaffen – durch Zucht, durch völkische Reinheit, durch Erziehung zum Sozialismus, durch was auch immer. Nein, sagt die Schrift: Gott „lernt“, mit den Menschen zu leben, wie sie sind – und wir haben genau diese Aufgabe auch: Uns nicht den perfekten, guten Menschen zu erträumen, sondern mit den Menschen leben zu lernen, wie sie sind. Auch: Mit dem Menschen in mir zu leben, wie er ist. Zum Guten fähig und in gleicher Weise zum Bösen. Diesen Menschen soll ich bei mir einen Raum der Treue, der Geduld eröffnen. Aber, zugleich  ist da die Warnung, die es auch zu beherzigen gilt: Nur nicht missbrauchen. Die Geduld Gottes nicht als Freibrief zur Bosheit nehmen. Darum mahnt Paulus: „Weißt du nicht, dass dich Gottes Güte zur Buße leitet?“ (Römer 2,4)

            Mein Gott, wie ernüchternd ist das: die Menschen sind nicht so gut, wie sie es von sich selbst behaupten. Sie sind oft genug bösartig, machtgierig, voll Anmaßung und Hochmut. Aber Du hast Dich festgelegt: Mit diesen Menschen will ich weiter auf dem Weg sein. Mit ihnen will ich danach suchen, wie es gut werden kann. Und ich will alles tun, dass die Geschichte der Welt nicht in einer Sackgasse endet. Danke, mein Gott, für Deinen Willen zur Treue. Amen

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