Gott ist frei

Römer 9, 6 – 13

6 Aber ich sage damit nicht, dass Gottes Wort hinfällig geworden sei. Denn nicht alle sind Israeliten, die von Israel stammen; 7 auch nicht alle, die Abrahams Nachkommen sind, sind darum seine Kinder. Sondern »nach Isaak soll dein Geschlecht genannt werden« 8 Das heißt: Nicht das sind Gottes Kinder, die nach dem Fleisch Kinder sind; sondern nur die Kinder der Verheißung werden zur Nachkommenschaft gerechnet. 9 Denn dies ist ein Wort der Verheißung, da er spricht: »Um diese Zeit will ich kommen, und Sara soll einen Sohn haben.« 10 Aber nicht allein hier ist es so, sondern auch bei Rebekka, die von dem einen, unserm Vater Isaak, schwanger wurde. 11 Ehe die Kinder geboren waren und weder Gutes noch Böses getan hatten, da wurde, auf dass Gottes Vorsatz der Erwählung bestehen bliebe – 12 nicht aus Werken, sondern durch den, der beruft –, zu ihr gesagt: »Der Ältere wird dem Jüngeren dienen«, 13 wie geschrieben steht: »Jakob habe ich geliebt, aber Esau habe ich gehasst.«

Darf man das? Unterscheiden zwischen denen, die auf dem richtigen Weg sind und denen, die auf einem Holzweg sind? Vermutlich macht man sich etwas vor, wenn man mit Nein antwortet. Weil wir Tag um Tag unterscheiden, Wege beurteilen, Verhalten werten. Wir finden nicht alles gut und nicht alles glaubwürdig, was wir so hören.

Nur, wenn es um den Glauben geht, dann soll doch jeder nach seiner Façon selig werden dürfen. In Sachen Glauben gibt es keine festen Urteile, keine klaren Grenzen. Weil Glauben nach dem so überaus beliebten Satz „Nichtwissen“ ist. An dieser Stelle ist Paulus anders unterwegs. Weil er seinen biblischen Texten eine andere Autorität zuschreibt, als das heutzutage üblich ist. Sie sind ihm nicht nur das Zeugnis religiöser Erfahrungen – sie sind wirklichkeitsgesättigt und helfen, die Wirklichkeit der eigenen Zeit zu sortieren.

Es ist für heute Lesende ein harter, schier unerträglicher Gedanke: Gott hat von Anfang an Unterschiede gemacht. Er hat seine Verheißung auf Isaak gelegt nicht auf Ismael. Er hat seinen Bund mit den Isaak-Nachkommen vorangetrieben, nicht mit den Ismael-Nachfahren. Und genauso war es dann auch bei den Zwilling im Bauch der Rebekka. Vorgeburtlich hat Gott sich festgelegt – auf Jakob. Und Esau irgendwie links liegen gelassen. Was für eine Provokation für Menschen, die unermüdlich sagen: Vor Gott sind alle Menschen gleich. Und damit auch die universale Menschenwürde gesetzt sehen.

Wir rühren mit diesen Worten des Paulus an die Frage, an der sich die Geister scheiden. Verträgt es sich mit der Menschenliebe Gottes, dass er mit Menschen so unterschiedliche Wege geht – den einen gelingt alles und die anderen stolpern von einer Kalamität zur nächsten. Pechmarie statt Glückskind.  

Es hat eine Zeit gegeben, in der hat man diese unterschiedlichen Wege nicht nur für die Zeit  wahrgenommen, sondern sie auch für die Ewigkeit festgelegt geglaubt. So denke ich nicht – mehr. Weil auch Paulus sich abmüht, so nicht mehr denken zu müssen. Aber die unterschiedliche Erwählung gilt – für den Weg durch die Zeit. Schlich gesagt: Jesus hat zwölf Jünger gerufen und nicht alle am See Genezareth. Er ist seinen Weg mit einigen gegangen und nicht unterschiedslos mit allen.

Und so ist es bis heute: Es gibt Menschen, die glauben der Liebe Gottes, die sie an Jesus aufleuchten sehen, die machen sich fest im Gottvertrauen und erfahren ihr Gottvertrauen als Hilfe für das Leben. Etwas Besseres können sie sich nicht denken. Und es gibt die anderen, die religiös unmusikalisch sind, Analphabeten in Sachen Gottvertrauen, Sie müssen sehen, wie sie allein zurecht kommen.

Ein Urteil, dass sich diese Unterschiedlichkeit der Glaubens- und Lebenswege auch für die Ewigkeit so fortsetzen wird und dass damit in der Augenblickssituation jetzt schon alles festliegt – das dürfen wir daraus nicht ableiten wollen- Das wäre ein Eingriff in die Souveränität Gottes und eine Anmaßung.

Du bist frei in Deinem Rufen und Senden. Du bist frei in Deinem Erwählen und in Dienst nehmen. Du bist nicht gebunden an die Voraussetzungen, die wir gar zu gerne machen – an die Frömmigkeit, an die Klugheit, an die Kraft und den Mut. Das ist so immer schon Dein Wesen, dass Du an unseren Kriterien vorbeirufst und erwählst, wen Du willst. Mache uns demütig genug, dass wir Deine Freiheit anerkennen und uns freuen, wenn wir Dir dienen dürfen, weil Du uns willst. Amen

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