Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht

Jesaja 7, 1 – 9

1 Es begab sich zur Zeit des Ahas, des Sohnes Jotams, des Sohnes Usijas, des Königs von Juda, da zogen Rezin, der König von Aram, und Pekach, der Sohn Remaljas, der König von Israel, herauf nach Jerusalem, um es zu bekämpfen; sie konnten es aber nicht erobern.

            Der Blick wird in die geschichtliche Gegenwart gelenkt. In die Zeit des Ahas (741 – 725), des Enkels des Usia. Es ist die Zeit, in der sich alle Völker vor der Großmacht Assur und ihrer Übermacht fürchten. Rezin, der König von Aram, und Pekach, der König von Israel, versuchen eine Koalition gegen Assur zustande zu bringen, um einem Angriff standhalten zu können. In diese Koalition soll Ahas hinein gezwungen werden. Es kommt zum Kriegszug, der aber scheitert. Die beiden Könige können Jerusalem nicht erobern.

 2 Da wurde dem Hause David angesagt: Die Aramäer haben sich gelagert in Ephraim. Da bebte ihm das Herz und das Herz seines Volks, wie die Bäume im Walde beben vom Winde.

            Es wirkt wie eine Rückblende: Während des Aufmarsches der Truppen aus Damaskus und Samaria kommen Nachrichten über den nahenden Feind nach Jerusalem. Sie erschüttern das Herz des Königs und das Herz seines Volks bis ins Mark. Sie zittern, sprichwörtlich, wie Espenlaub. Im Hintergrund mag die Einschätzung stehen: Wir in Jerusalem und Juda sind diesen verbündeten Feinden in keiner Weise militärisch gewachsen. 

 3 Aber der HERR sprach zu Jesaja: Geh hinaus, Ahas entgegen, du und dein Sohn Schear-Jaschub, an das Ende der Wasserleitung des oberen Teiches, an der Straße beim Acker des Walkers, 4 und sprich zu ihm: Hüte dich und bleibe still; fürchte dich nicht, und dein Herz sei unverzagt vor diesen beiden Brandscheiten, die nur noch rauchen, vor dem Zorn Rezins und der Aramäer und des Sohnes Remaljas.

            In dieses Angstszenario hinein erhält Jesaja seinen neuen Auftrag. Er wird dorthin gesandt, wo König Ahas zu finden ist, beschäftigt mit der Organisation von Verteidigungsmaßnahmen für die Stadt. Wasser ist für die Versorgung einer belagerten Stadt lebenswichtig. Jesaja soll seinen Sohn mitnehmen. Das könnte ein erstes Zeichen sein: So richtig gefährlich ist es noch nicht, wenn ein Junge mitgenommen wird auf so einen Gang. Der Name des Sohnes wird ausdrücklich genannt. Schear-Jaschub. Übersetzt heißt er: „Nur ein Rest wird umkehren“ Steht dieser Junge mit diesem Namen auch wortlos neben dem Vater, so ist er doch mit seinem Namen eine Botschaft.  Ein Ruf zur Umkehr.

            Dieser Name unterstreicht dann auch die ausdrückliche Botschaft des Jesaja. Er ruft zum Gottvertrauen. Ermutigt zur Gelassenheit, weil man sich auf Gott verlassen, sich Gott lassen kann. Hüte dich und bleibe still. Also:Kein wilder Aktionismus. Keine übereilten Schritte.

            Es klingt wie Hohn, ist aber eine Begründung für die vorausgehende Aufforderung zur Ruhe: Die beiden angreifenden Könige sind nur noch wie glimmende Holzscheite. Keine Gefahr geht mehr von ihnen aus, kein Feuer. Sie werden bald verlöschen.  Also: Keine Angst vor diesen Leuten. Es gibt Zukunft für Jerusalem, für Juda, für das Haus Davids – aber nur in der Umkehr zu Gott.   

5 Weil die Aramäer gegen dich Böses ersonnen haben samt Ephraim und dem Sohn Remaljas und sagen: 6 »Wir wollen hinaufziehen nach Juda und es erschrecken und für uns erobern und zum König darin machen den Sohn Tabeals«, – 7 so spricht Gott der HERR: Es soll nicht geschehen und nicht so gehen, 8 sondern wie Damaskus das Haupt ist von Aram, so soll Rezin nur das Haupt von Damaskus sein – und in fünfundsechzig Jahren soll es mit Ephraim aus sein, dass sie nicht mehr ein Volk seien -; 9 und wie Samaria das Haupt ist von Ephraim, so soll der Sohn Remaljas nur das Haupt von Samaria sein.

            Es folgt eine Begründung, die aber zum Gerichtswort wird. Die Pläne der Angreifer Rezin und Pekach liegen offen zu Tage. Sie wollen einen anderen König in Jerusalem. Sie wollen Juda gefügig und an ihrer Seite, unter ihrer Macht. Aber diese Pläne sind durchschaut – von Gott. Jesaja deckt ja nur auf, was Gott ihm aufgedeckt hat. Und es ist Gott, der diese Pläne misslingen lässt. Es soll nicht geschehen und nicht so gehen. Er stellt sich an die Seite des Hauses David und der Stadt Jerusalem.

            Was sich die Realpolitiker in Samaria und Damaskus ausgedacht haben, wird scheitern. Und sie in den Untergang reißen. Die hochfliegenden Pläne werden zurechtgestutzt. Rezin soll nur das Haupt von Damaskus sein und der Sohn Remaljas nur das Haupt von Samaria. Sie bleiben Provinz-Fürsten. Aber darüber hinaus ist das Verfallsdatum schon im Blick: In fünfundsechzig Jahren soll es mit Ephraim aus sein, dass sie nicht mehr ein Volk seien.

            Diese Zeitangabe, die so konkret ist, macht gleichzeitig den Auslegern Schwierigkeiten. Es bleibt der etwas dürftige Hinweis auf das Jahr 671. Manchmal erscheint mir Bescheidenheit angesagt: Wir wissen es heute nicht mehr, wie das zu verstehen ist.   

Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht.

            Das ist das abschließende Wort an Ahas, aber auch an die Leute um ihn herum. Ein Wort wie ein Merkvers, ein Lehr- und Leitwort für alle Zeiten. Was ist das für ein Glaube, der hier „angemahnt“ wird? Ein Glaube, der sich im konkreten Tun zeigt: Im Verzicht auf wilde Aktivitäten. Im Augenmaß bei den Maßnahmen, die zu ergreifen sind. In der Zuversicht, dass Gott sein Volk nicht lässt. In der Hoffnung, dass Gott handeln wird.

            Es gibt in Israel eine lange Erzähltradition von Situationen, in denen Gott für sein Volk streitet. Angefangen am Schilfmeer – Der HERR wird für euch streiten, und ihr werdet stille sein.“ (2. Mose 14,14) – und fortgesetzt in den Erzählungen der Landnahme und aus der Richterzeit. Es geht um das konkrete Vertrauen auf die Hilfe Gottes.  Jetzt. Hier.  

Zum Weiterdenken

Glaube ist nicht irgendwie ein gedanklicher Überbau über die Welt. Er ist Rechnen mit Gott – heute. Damit ist aber auch deutlich: Wenn es zum Untergang kommen wird, so ist das eine Folge des verweigerten Glaubens. Wer den Glauben verweigert, verschließt sich der Zukunft Gottes und verschließt sich damit auch die eigene Zukunft.

            Die Worte des Jesaja sind eine scharfe Absage an ein Politik-Verständnis, das auf Macht und Stärke setzt, das zum Ziel hat, den eigenen Einflussbereich so auszudehnen, dass auch in anderen Ländern nichts geschehen kann, was dem Eigeninteresse entgegensteht. Über die Zeiten hinweg ist das eine massive Kritik an allem Machtverhalten, wie es sich nicht nur in Moskau und Washington zeigt. Die Aufforderung an Ahas: Halte dich von so einem Verhalten fern. Es läuft sich zu Tode. Es trägt sein Verfallsdatum in sich selbst.

Was für eine Herausforderung, nicht nur an die Realpolitiker aller Couleur in den Spuren des Ahas, sondern auch an die sogenannten kleine Leute, an uns, die wir so rasch dabei sind, uns „realistisch“ zu gebärden und „Hoffen und Harren“ den Narren zu überlassen. Wir sollen es zu Herzen nehmen für das eigene Leben. Glaubt ihr nicht, so bleibt ihr nicht. Wir dürfen in unser alltägliches Leben hinein damit rechnen, dass Gott handeln wird. Nicht unbedingt so, wie wir es uns wünschen. Aber gewiss so, wie es ihm und seiner Güte entspricht.

Du heiliger Gott, Du willst, dass wir uns Dir anvertrauen, dass wir Schritte des Glaubens zu gehen versuchen, mitten in allen Ängsten. Du willst, dass wir uns nicht verführen lassen, auf unsere eigene Stärke zu setzen, auf Bündnisse, die wir zustande bringen. Dass wir nicht in en Irrglauben verfallen, wir würden es schon gerichtet bekommen – wenn wir nur klug und weitsichtig genug handeln.

Gib uns ein festes Herz. Gib uns, dass wir Vertrauen zu Dir einüben in den guten Zeiten, damit wir uns auch in Dir festmachen, wenn die Angst nach uns greifen will. Amen

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