Gekränkte Unschuld

1. Mose 31, 33 – 54

33 Da ging Laban in die Zelte Jakobs und Leas und der beiden Mägde und fand nichts. Und ging aus dem Zelte Leas in das Zelt Rahels. 34 Rahel aber hatte den Hausgott genommen und unter den Kamelsattel gelegt und sich daraufgesetzt. Laban aber betastete das ganze Zelt und fand nichts. 35 Da sprach sie zu ihrem Vater: Mein Herr, zürne nicht, denn ich kann nicht aufstehen vor dir, denn es geht mir nach der Frauen Weise. Daher fand er den Hausgott nicht, wie sehr er auch suchte. 36 Und Jakob wurde zornig und schalt Laban und sprach zu ihm: Was hab ich Übles getan oder gesündigt, dass du so hitzig hinter mir her bist? 37 Du hast all meinen Hausrat betastet. Was hast du von deinem Hausrat gefunden? Lege das her vor meinen und deinen Brüdern, dass sie zwischen uns beiden richten. 38 Diese zwanzig Jahre bin ich bei dir gewesen, deine Schafe und Ziegen haben keine Fehlgeburt gehabt; die Widder deiner Herde hab ich nie gegessen; 39 was die wilden Tiere zerrissen, brachte ich dir nicht, ich musste es ersetzen; du fordertest es von meiner Hand, es mochte mir des Tages oder des Nachts gestohlen sein. 40 Des Tages kam ich um vor Hitze und des Nachts vor Frost und kein Schlaf kam in meine Augen. 41 So habe ich diese zwanzig Jahre in deinem Hause gedient, vierzehn um deine Töchter und sechs um deine Herde, und du hast mir meinen Lohn zehnmal verändert. 42 Wenn nicht der Gott meines Vaters, der Gott Abrahams und der Schrecken Isaaks, auf meiner Seite gewesen wäre, du hättest mich leer ziehen lassen. Aber Gott hat mein Elend und meine Mühe angesehen und hat diese Nacht rechtes Urteil gesprochen. 43 Laban antwortete und sprach zu Jakob: Die Töchter sind meine Töchter und die Kinder sind meine Kinder und die Herden sind meine Herden und alles, was du siehst, ist mein. Was kann ich heute für meine Töchter oder ihre Kinder tun, die sie geboren haben? 44 So komm nun und lass uns einen Bund schließen, ich und du, der ein Zeuge sei zwischen mir und dir. 45 Da nahm Jakob einen Stein und richtete ihn auf zu einem Steinmal 46 und sprach zu seinen Brüdern: Lest Steine auf! Und sie nahmen Steine und machten davon einen Haufen und aßen daselbst auf dem Steinhaufen. 47 Und Laban nannte ihn Jegar-Sahaduta, Jakob aber nannte ihn Gal-Ed. 48 Da sprach Laban: Der Steinhaufe sei heute Zeuge zwischen mir und dir. Daher nennt man ihn Gal-Ed 49 und Mizpa; denn er sprach: Der HERR wache als Späher über mir und dir, wenn wir voneinander gegangen sind, 50 dass du meine Töchter nicht bedrückst oder andere Frauen dazu nimmst zu meinen Töchtern. Es ist hier kein Mensch bei uns; siehe aber, Gott ist der Zeuge zwischen mir und dir. 51 Und Laban sprach weiter zu Jakob: Siehe, das ist der Haufe und das ist das Steinmal, das ich aufgerichtet habe zwischen mir und dir. 52 Dieser Steinhaufe sei Zeuge und das Steinmal sei auch Zeuge, dass ich nicht an diesem Haufen vorüberziehe zu dir hin oder du vorüberziehst zu mir hin an diesem Haufen und diesem Mal in böser Absicht! 53 Der Gott Abrahams und der Gott Nahors sei Richter zwischen uns – der Gott ihres Vaters! Und Jakob schwor bei dem Schrecken seines Vaters Isaak. 54 Und Jakob opferte auf dem Gebirge und lud seine Brüder zum Essen. Und als sie gegessen hatten, blieben sie auf dem Gebirge über Nacht.

Privat-Razzia durch Laban im Zelt Jakobs. Die Suche nach dem verschwundenen Hausgott läuft ins Leere. Nicht zuletzt, weil Rahel eine Frauenkarte spielt, die jeden Mann, auch den eigenen Vater in die Schranken weist. Für Laban ein schlimmes Resultat. Steht er doch jetzt da als einer, der Unschuldige zu Unrecht beschuldigt hat. Auf dieser vergebliche Razzia reagiert Jakob. Es ist die Rede eines Mannes, der sich zu Unrecht verdächtigt sieht. Der sich beschwert, weil er auf der anderen Seite nur haltlose Unterstellungen sieht. Zugleich ist es eine Rede, in der Jakob sich Luft macht – über erfahrene Missachtung. Über fehlende Wertschätzung. Über zwanzig Jahre, die nicht gerade lustig waren, sondern Mühe und Arbeit. Im Klartext: Laban hat keinen Grund, sich über Jakob aufzuregen.

Der so attackierte Laban kann im Grunde nur klein beigeben. Er hat verstanden, dass es keinen Weg zurück geben wird. Er spürt, dass er seine Töchter verloren hat. So geht es ihm nur noch darum, eine friedliche Trennung herbeizuführen und seinen Töchtern eine behütete Zukunft in der Obhut ihres Mannes zu sichern.

Was für ein Vorgang: Zwei, die in ihrer Vita ein gerütteltes Maß an Betrügereien haben, schließen jetzt einen Vertrag. Und müssen sich darauf verlassen, dass sie es beide diesmal wenigstens ehrlich meinen. Ob sie darum Gott als Zeugen anrufen? Gott ist der Zeuge zwischen mir und dir. Sie wissen es ja beide, diese Meister im Ränkespiel: Menschen können wir hinters Licht führen. Gott aber nicht. Es ist mehr als ein Vertrag, der da auf dem Gebirge geschlossen wird. Eine Vereinbarung im Angesicht Gottes. Im Grunde eine Bitte um Segen durch Gott, in seinem Angesicht. 

Es ist das Ende des Aufenthaltes Jakobs im Land der Väter. Der Aufenthalt klingt versöhnlich aus, allen Wirrungen und Irrungen zum Trotz. Am Ende steht ein friedliches Auseinandergehen.

Manchmal, mein Gott, ist es gut, dass sich Wege trennen. Manchmal geben wir einander frei und wissen gar nicht, dass wir uns damit vor Schlimmerem bewahren. Du schenkst auch in verfahrenen Beziehungen noch Wege nach vorne. Du hilfst, dass es nicht bei den ewigen, alten Schuldgeschichten du Vorwürfen bleiben muss. Gib doch, dass wir segnen können, Damit der weg nach vorne frei wird. Amen

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