Ein angstbesetzter Weg in die Zukunft

1. Mose 32, 1 – 22

1 Am Morgen aber stand Laban früh auf, küsste seine Enkel und Töchter und segnete sie und zog hin und kam wieder an seinen Ort. 2 Jakob aber zog seinen Weg. Und es begegneten ihm die Engel Gottes. 3 Und als er sie sah, sprach er: Hier ist Gottes Heerlager, und nannte diese Stätte Mahanajim. 4 Jakob aber schickte Boten vor sich her zu seinem Bruder Esau ins Land Seïr, in das Gebiet von Edom, 5 und befahl ihnen und sprach: So sprecht zu Esau, meinem Herrn: Dein Knecht Jakob lässt dir sagen: Ich bin bisher bei Laban lange in der Fremde gewesen 6 und habe Rinder und Esel, Schafe, Knechte und Mägde und habe ausgesandt, es dir, meinem Herrn, anzusagen, damit ich Gnade vor deinen Augen fände. 7 Die Boten kamen zu Jakob zurück und sprachen: Wir kamen zu deinem Bruder Esau, und er zieht dir auch entgegen mit vierhundert Mann. 8 Da fürchtete sich Jakob sehr und ihm wurde bange. Und er teilte das Volk, das bei ihm war, und die Schafe und die Rinder und die Kamele in zwei Lager 9 und sprach: Wenn Esau über das eine Lager kommt und macht es nieder, so wird das andere entrinnen. 10 Weiter sprach Jakob: Gott meines Vaters Abraham und Gott meines Vaters Isaak, HERR, der du zu mir gesagt hast: Zieh wieder in dein Land und zu deiner Verwandtschaft, ich will dir wohltun –, 11 ich bin zu gering aller Barmherzigkeit und aller Treue, die du an deinem Knechte getan hast; denn ich hatte nicht mehr als diesen Stab, als ich hier über den Jordan ging, und nun sind aus mir zwei Lager geworden. 12 Errette mich von der Hand meines Bruders, von der Hand Esaus; denn ich fürchte mich vor ihm, dass er komme und schlage mich, die Mutter samt den Kindern. 13 Du hast gesagt: Ich will dir wohltun und deine Nachkommen machen wie den Sand am Meer, den man der Menge wegen nicht zählen kann. 14 Und er blieb die Nacht da und nahm von dem, was er erworben hatte, ein Geschenk für seinen Bruder Esau: 15 zweihundert Ziegen, zwanzig Böcke, zweihundert Schafe, zwanzig Widder 16 und dreißig säugende Kamele mit ihren Füllen, vierzig Kühe und zehn junge Stiere, zwanzig Eselinnen und zehn Esel, 17 und tat sie unter die Hand seiner Knechte, je eine Herde besonders, und sprach zu ihnen: Geht vor mir her und lasst Raum zwischen einer Herde und der andern. 18 Und er gebot dem ersten und sprach: Wenn dir mein Bruder Esau begegnet und dich fragt: Wem gehörst du an und wo willst du hin und wessen Eigentum ist das, was du vor dir hertreibst?, 19 sollst du sagen: Es gehört deinem Knechte Jakob, der sendet es als Geschenk seinem Herrn Esau, und er selbst zieht hinter uns her. 20 Ebenso gebot er auch dem zweiten und dem dritten und allen, die den Herden nachgingen, und sprach: Wie ich euch gesagt habe, so sagt zu Esau, wenn ihr ihm begegnet, 21 und sagt ja auch: Siehe, dein Knecht Jakob kommt hinter uns. Denn er dachte: Ich will ihn versöhnen mit dem Geschenk, das vor mir hergeht. Danach will ich ihn sehen; vielleicht wird er mich annehmen. 22 So ging das Geschenk vor ihm her; er aber blieb diese Nacht im Lager.

Aufbruch. Auf dem Gebirge Gilead ist kein Bleiben, weder für Laban noch für Jakob. Laban verabschiedet sich von den Töchtern und Enkeln. Zärtlicher als es je zuvor von ihm erzählt worden ist. Und: er segnete sie. Alles, was es an Lebenshoffnung gibt, legt er auf sie.

Jakob bricht auch auf – vorbei am einem Engellager, in eine ungewisse Zukunft. Dem Bruder entgegen, den er vor langer Zeit ausgetrickst hat. Wie wird der ihn empfangen?  In seiner Botschaft an den Bruder hofft er auf Gnade. Das heißt auch, aber nicht nur: nach der langen Zeit in der Fremde einen Ort zum Bleiben. Vielleicht sogar so etwas wie „Heimat“. Wenn es das Wort für Kleinvieh-Nomaden überhaupt gibt.

Seine Sorge, um nicht zu sagen Angst vor der kommenden Begegnung, treibt Jakob ins Gebet. Es ist Erinnerung und Hoffnung zugleich: So wie Gott über ihn gewacht hat, ihn behütet hat, ihn reich gemacht hat, so braucht er auch jetzt seine Obhut und seine Hilfe. Dass hier einer betet, wie es ihn seine Angst und Not lehrt, das mag über alle Zeiten hinweg eine Ermutigung zum Beten sein. Es müssen nicht schöne Worte sein, wohl geformt, religiös korrekt. Beten darf sich gänzlich unartikuliert und unzensiert Gott entgegen schreien.   

Sein Beten hindert ihn nicht zu tun, was ihm sinnvoll erscheint. Er schickt Geschenke an Esau. Jakob, der sich den Segen erschlichen hatte, gibt nun in seinen Geschenken Segen zurück. Das, was er mit allen, auch unlauteren Mitteln erstrebt hat,lässt er jetzt los. Hat Jakob also gelernt, dass Versöhnung wichtiger ist als alles, was er früher gewollt hat? Was für eine Wende!  

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt!
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft ist sein Land.
Wer aufbricht, der kann hoffen in Zeit und Ewigkeit.
Die Tore stehen offen. Das Land ist hell und weit.

                                                           K. P. Hertzsch 1989 EG 395

Wir wüssten immer gerne, wo es hingehen wird, wenn wir uns auf den Weg machen. Wir tun uns schwer mit dem Aufbruch ins Unbekannte, Ungewisse. Es ist gut, mein Gott, dass wir glauben lernen dürfen, dass Du uns in der Zukunft entgegen kommst. Dass Du uns nicht in die Irre laufen lassen wirst. Dass du uns auch hilfst, uns innerlich auf das vorzubereiten, was auf uns zukommen könnte. Amen

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