Römer 3, 9 – 20
9 Was sagen wir denn nun? Haben wir einen Vorzug? Gar keinen. Denn wir haben soeben bewiesen, dass alle, Juden wie Griechen, unter der Sünde sind, 10 wie geschrieben steht: »Da ist keiner, der gerecht ist, auch nicht einer. 11 Da ist keiner, der verständig ist; da ist keiner, der nach Gott fragt. 12 Alle sind sie abgewichen und allesamt verdorben. Da ist keiner, der Gutes tut, auch nicht einer. 13 Ihr Rachen ist ein offenes Grab; mit ihren Zungen betrügen sie, Otterngift ist unter ihren Lippen; 14 ihr Mund ist voll Fluchens und Bitterkeit. 15 Ihre Füße eilen, Blut zu vergießen; 16 auf ihren Wegen ist lauter Zerstörung und Elend, 17 und den Weg des Friedens kennen sie nicht. 18 Es ist keine Gottesfurcht bei ihnen.« 19 Wir wissen aber: Was das Gesetz sagt, das sagt es denen, die unter dem Gesetz sind, auf dass jeder Mund gestopft werde und alle Welt vor Gott schuldig sei. 20 Denn durch des Gesetzes Werke wird kein Mensch vor ihm gerecht sein. Denn durch das Gesetz kommt Erkenntnis der Sünde.
Was für ein Rundumschlag: Alle Sünder. Ausnahmslos. Keiner, der Gutes tut. Putin nicht, der Papst nicht, ich nicht. Unabhängig von Herkunft, Religionszugehörigkeit, Bildungsstand -keiner, der so ist, wie es von der Schöpfung her vorgesehen war: Ebenbild Gottes. Wir Menschen sind alle nur Zerrbilder Gottes. Negative Anthropologie. Er sieht den Menschen nur schlecht. Seine Worte walzen alles nieder. Ist denn wirklich kein Unterschied zwischen Al Capone und Mutter Theresa, kein Unterschied zwischen Hitler und Gandhi, zwischen den Schlächtern des Wagner-Truppe in der Ukraine und den Rote-Kreuz-Helfern im Rettungs-Einsatz auf den Straßen? Alle gleich? Alle Sünder?
Es ist wichtig, sich klarmachen: Es geht hier nicht um unsere relative Ethik. Natürlich gibt es einen Unterschied im sittlichen Verhalten: Selbstverständlich ist manches gut und anderes einfach nur böse. Natürlich gibt es Menschen, die sich für andere aufopfern und von denen wir sagen, sie seien gute Menschen. Und es gibt die anderen, die Menschen schinden, skrupellos Macht ausüben, die Bestien in Menschengestalt sind. Salopp gesagt: den Papst und Putin trennen ethisch betrachtet Welten.
Paulus geht es um die Schuldverfallenheit der Menschen, die er nicht in der einzelnen Tat begründet sieht, sondern im immer in die eine Richtung fortschreitenden Wandel und dann so verfestigt auch im Wesen. Es ist die schiefe Bahn, auf der es kein Halten mehr gibt. Eine Schuldverfallenheit, die der Mensch – oder müsste man sagen: die Menschheit? – durch sein hartnäckiges Nicht-Tun des Guten über sich selbst errichtet. Anders gesagt: Wir finden uns wieder in einem unentrinnbaren Gefängnis, das wir selbst errichtet haben. Manch einer empfinde die rasche Abfolge der Krisen heutzutage als einen Beleg für diese Sicht: Wir sind unterwegs auf dem Highway to hell – und geben obendrein auch noch Gas – sagt nicht irgendwer, sondern Herr Guterres, UNO-General-Sekretär. Das klingt fast wie Paulus!
Eine Szene, die in manchen Filmen und Geschichten durchgespielt wird: Da sitzt einer in einem Raum, einem Haus, einer Festung fest, dessen Türen verschlossen sind. Das Haus brennt. Die Schlüssel zu den Türen aber hat er selbst fort geworfen.
Es ist ein langer Weg gewesen, mein Gott, bis aus dem gehörten und erlernten Glauben mein Glaube geworden ist. Es ist ein Weg, den Du in großer Geduld mit mir gegangen bist. Du hast mich auf diesem Weg sanft geleitet. Du hast mich in jungen Jahren vor Abwegen bewahrt. Du hast mir Christen in den Weg gestellt, die glaubwürdig waren, die mir den Weg des Glaubens nicht erklärt, sondern vorgelebt haben. Du hast mir auch in späteren Jahren geholfen, bei Dir zu bleiben. Ich danke Dir und ich bitte Dich, dass ich nicht andere hindere, ihren Weg des Glaubens zu finden. Amen