Die Schöpfung wartet auf unsere Wandlung

Römer 8, 18 – 25

18 Denn ich bin überzeugt, dass dieser Zeit Leiden nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit, die an uns offenbart werden soll. 19 Denn das ängstliche Harren der Kreatur wartet darauf, dass die Kinder Gottes offenbar werden. 20 Die Schöpfung ist ja unterworfen der Vergänglichkeit – ohne ihren Willen, sondern durch den, der sie unterworfen hat –, doch auf Hoffnung; 21 denn auch die Schöpfung wird frei werden von der Knechtschaft der Vergänglichkeit zu der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes. 22 Denn wir wissen, dass die ganze Schöpfung bis zu diesem Augenblick seufzt und in Wehen liegt. 23 Nicht allein aber sie, sondern auch wir selbst, die wir den Geist als Erstlingsgabe haben, seufzen in uns selbst und sehnen uns nach der Kindschaft, der Erlösung unseres Leibes. 24 Denn wir sind gerettet auf Hoffnung hin. Die Hoffnung aber, die man sieht, ist nicht Hoffnung; denn wie kann man auf das hoffen, was man sieht? 25 Wenn wir aber auf das hoffen, was wir nicht sehen, so warten wir darauf in Geduld.

Es gibt, eine große Wartegemeinschaft, eine Gemeinschaft im Harren, im Ausschau-halten. Wann endlich sind wir, was wir sein sollen? Wann endlich sind wir, wozu uns Gott in seinem Auftrag am Anfang bestimmt hat: Und Gott schuf den Menschen zu seinem Bilde, zum Bilde Gottes schuf er ihn; und schuf sie als Mann und Frau“ (1. Mose 1, 27) Gegenüber Gottes, Statthalter Gottes, Bild seiner Güte allen Geschöpfen und der ganzen Schöpfung gegenüber.   Wann endlich werden die Kinder Gottes, was sie sein sollten – barmherzig, geduldig, achtsam, eine Wohltat für die Schöpfung? Wann hören sie auf, sich als die Herren der Welt aufzuspielen? Darauf warten Fuchs und Hase, Stein und Baum, Land und Meer.

            Ich glaube, dass wir in unserer Zeit hellhöriger geworden sind, als es manche Zeit zuvor war. Hellhöriger für das Schreien der Kreatur, für das Leiden unserer Mitgeschöpfe. Man muss nicht alle ökologischen Übertreibungen mitmachen, um zu dem Schluss zu kommen: Wir müssen einen neuen Umgang mit den Tieren, den Pflanzen, der uns anvertrauten Erde lernen. Wir können nicht weitermachen mit den Wunden, die wir schlagen. Nicht nur, weil wir uns den Ast absägen, auf dem wir sitzen. Sondern weil in der Art unseres Umgangs mit der Welt etwas aufleuchten soll von der Güte Gottes, die uns bestimmt, von seinem Erbarmen, von seiner Treue – und darin eben sichtbar wird, dass wir als Kinder Gottes leben. In seiner Spur und seinem Geist. Es ist an der Zeit, dass wir empfindlicher werden für den Zwiespalt zwischen schönen Reden und alltäglichem Handeln, nicht nur bei Politikern und Wirtschaftsführern, auch bei denen, die sich als Klima-Aktivisten und „Letzte Generation“ bezeichnen. Wir können uns den schönen Schein nicht länger leisten.

Am Ende allerdings landet Paulus nicht bei dem Aufruf: es gibt viel zu tun. Packen wir´s an. Sondern er landet beim Warten. So, als würde erspüren: Unser Anpacken produziert fast immer nur das Gleiche wie früher. Die Akteure mögen wechseln, die Motivation mag aufgehübscht sein, aber heraus kommt am Ende wieder nur, dass wir in unserem Tun allzu rasch ins alte Fahrwasser zurück gleiten. Umgang mit der Schöpfung nach unserem Gutdünken. Paulus dagegen setzt auf Warten lernen, Geduld lernen, Behutsamkeit einüben – auch unter Lebensumständen, die uns ganz und gar nicht gefallen. 

  Ich habe im Lauf meines Lebens gelernt, dass jeder Satz seine Zeit hat. Und ich habe auch gelernt, dass ich nicht jeden Satz zu anderen sagen darf. Die Wahrheit von Sätzen, ihre Tragfähigkeit, hängt auch daran, dass sie stimmig sind, übereinstimmen mit der Lebenswirklichkeit dessen, der sie sagt. Die Leiden der Zeit zu relativieren mit dem Blick auf die schöne Ewigkeit – das kann und darf ein Paulus, der durch unsagbaren Tiefen gegangen ist, im Gefängnis gelandet, in Stürmen vom Tod bedroht, gejagt, bespuckt, geschlagen. Ob der Satz auch stimmt vom sicheren Schreibtisch aus, mit einem ordentlichen Ruhestandsgehalt und einem unbedrängten Leben?

In Todesanzeigen steht manchmal: „Als Gott sah, dass der Weg zu lang, der Hügel zu steil, das Atmen zu schwer wurde, legte er seinen Arm um dich und sprach: „Komm heim.“ Das ist wohl eine moderne Weise, den Satz des Paulus auszulegen: Es gibt ein Ziel jenseits der Leiden des Weges, jenseits der Welt. Wer sich für diesen Satz über einer Todesanzeige entscheidet, der sagt ihn sich selbst.  So hat er auch sein Recht. Zugleich fordert der Satz dazu heraus, über die eigenen Wege und das Ziel des eigenen Lebens nachzudenken. Ohne diese „Heimkehr-Option“ wird alles Leiden nur noch schrecklich.  

Es erschreckt mich, wie sorglos wir mit den Schätzen der Welt umgehen, die Du, unser Gott, uns anvertraut hast. Es erschreckt mich, wie wir auf Kosten der Generationen nach uns leben. Es erschreckt mich, wie wir die Schöpfung als Baugrube missbrauchen uns keine Ehrfurcht zeigen im Umgang mit den Geschöpfen, mit denen wir uns den Planeten Erde teilen. Gib Du, dass aus dem Erschrecken eine Veränderung des Lebens erwächst – wenigstens eine Bereitschaft, nicht nur auf Kosten anderen Lebens die eigene Lebensweise zu behaupten. Lehre mich, meinen Fußabdruck nachhaltig zu erleichtern. Amen    

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert