Aufatmen

Römer 8, 1 – 11

1 So gibt es nun keine Verdammnis für die, die in Christus Jesus sind. 2 Denn das Gesetz des Geistes, der lebendig macht in Christus Jesus, hat dich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes. 3 Denn was dem Gesetz unmöglich war, weil es durch das Fleisch geschwächt war, das tat Gott: Er sandte seinen Sohn in der Gestalt des sündigen Fleisches und um der Sünde willen und verdammte die Sünde im Fleisch, 4 damit die Gerechtigkeit, die das Gesetz fordert, in uns erfüllt werde, die wir nun nicht nach dem Fleisch wandeln, sondern nach dem Geist. 5 Denn die da fleischlich sind, die sind fleischlich gesinnt; die aber geistlich sind, die sind geistlich gesinnt. 6 Denn fleischlich gesinnt sein ist der Tod, doch geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede. 7 Denn fleischlich gesinnt sein ist Feindschaft gegen Gott, weil das Fleisch sich dem Gesetz Gottes nicht unterwirft; denn es vermag’s auch nicht. 8 Die aber fleischlich sind, können Gott nicht gefallen. 9 Ihr aber seid nicht fleischlich, sondern geistlich, da ja Gottes Geist in euch wohnt. Wer aber Christi Geist nicht hat, der ist nicht sein. 10 Wenn aber Christus in euch ist, so ist der Leib zwar tot um der Sünde willen, der Geist aber ist Leben um der Gerechtigkeit willen. 11 Wenn aber der Geist dessen, der Jesus von den Toten auferweckt hat, in euch wohnt, so wird er, der Christus von den Toten auferweckt hat, auch eure sterblichen Leiber lebendig machen durch seinen Geist, der in euch wohnt.

Aufatmen. Erleichterung. Alles, was ich an mir selbst sehe, was mich selbst verklagt, behält nicht das letzte Wort. Gegen diese Wirklichkeit steht die andere Wirklichkeit, die Gott gesetzt hat. Er hat eine neue Existenzmöglichkeit geschaffen und sie uns zugeeignet: Leben nach dem Geist. Leben in der Kraft des Geistes. Leben als Befreite. Die nicht mehr an das alte Wesen gebunden sind, nicht mehr geknechtet durch das, was vor Augen ist, was lockt und reizt und verführt.  

Ich glaube, dass diese Gedanken des Paulus kontaminiert sind – belastet durch eine Leseweise, die fleischlich gesinnt sein automatisch verbindet mit purer, ungezügelter Sexualität, Sinnenlust, Sündiger Meile und Rotlicht-Milieu. Mit allem, was Film-Serien wie Berlin Babylon zu bieten haben. Nichts davon ist bei Paulus gemeint. Ihm geht es um eine andere Art Fleischlichkeit. Um die Fleischlichkeit hinter des Sätzen: Du bist nur, was du aus dir machst. Du verdankst alle Erfolge deines Lebens nur dir selbst und deiner harten Arbeit. Das wachsende Gewerbe der Coaches, Berater, Influencer bedient diese Erwartung nach Hilfe, das eigene Potential freizusetzen – und verdient dabei. Das alles hat mit unmoralischer Sinnlichkeit nicht allzu viel zu tun. Wohl aber viel zu tun hat es mit dem Versuch der Selbstoptimierung. Mit der Unterwerfung unter ein Gesetz, das nur eine Autorität kennt und anerkennt: Ich. Ich, Ich. 

Das ist dann der Gegensatz, über den Paulus uns als Lesende hinaus führen will: Nicht mehr ich, sondern Christus. Nach Galatien hat er geschrieben: „Ich lebe, doch nun nicht ich, sondern Christus lebt in mir.“ (Galater 2,20) Das ist die Freiheit, die Paulus für sich selbst erfahren hat und in die er seine Leserschaft ruft. Eine Freiheit, die über den Tod hinausreicht, weil sie aus der Verbundenheit mit Christus lebt, der den Tod überwunden hat.    

Du hast uns herausgelöst aus den Teufelskreisen der Eigensucht, aus der Gefangenschaft in die Selbstsucht. Du hast Dich uns geschenkt und willst, dass wir mit Dir leben, dass wir mit Dir die Freiräume erkunden, die Du uns öffnest – Freiräume des Vertrauens, Freiräume der Liebe, Freiräume der Vergebung. Gib du, dass wir uns dem Leiten Deines Geistes anvertrauen. Amen

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