Klagelieder 3, 34 – 66
34 Wenn man alle Gefangenen auf Erden unter die Füße tritt 35 und eines Mannes Recht vor dem Allerhöchsten beugt 36 und eines Menschen Sache verdreht, – sollte das der Herr nicht sehen? 37 Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl 38 und dass nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten?
So kann man sich vorkommen, wenn die Menschenrechte verletzt werden, wenn man ohne jeden Schutz dem übermächtigen Feind ausgeliefert ist: Wie unter einem verschlossenen, bleiernen Himmel. Da ist keiner, der hört, keiner, der sieht, keiner, der Anteil nimmt. Das will der Beter des Klageliedes nicht mehr akzeptieren. Er ringt sich zu einer Einsicht durch, vor der bis heute viele zurückschrecken: „Die Fäden von allem, was dem Menschen widerfährt, Freude wie Leid, Glück wie Unglück, laufen in Gottes Hand zusammen.“ (C-D. Stoll, aaO. S.108) Schon Amos hatte viel früher gesagt: „Ist etwa ein Unglück in der Stadt, das der HERR nicht tut?(Amos 3,6)
Die frommen Versuche, Gott zu entlasten von dem Bösen, Schweren, dem Unheil, das geschieht, scheitern. Sie scheitern auch an der herben Botschaft des Jeremia. Am Klagelied: Wer darf denn sagen, dass solches geschieht ohne des Herrn Befehl und dass nicht Böses und Gutes kommt aus dem Munde des Allerhöchsten? Es ist mit der Bibel nicht zu machen: Das Böse in der Welt wird dem Satan angelastet. Wenn man so will: Seine Handlungsfreiheit ist immer nur das Zugeständnis des Stärkeren, Gottes.
39 Was murren denn die Leute im Leben? Ein jeder murre wider seine Sünde!
Umgekehrt gilt aber auch: Es scheitert auch die heutige Variante: was gut geht in der Welt, das haben wir gemacht. Wir sind die Guten. Aber wo etwas schief geht, da hat „der liebe Gott gepennt.“ Seine Hausaufgaben nicht gemacht. Der Versuch, sich zulasten Gottes als Menschen aus der Verantwortung zu stehlen, scheitert gleichfalls, eindrucksvoll bestätigt durch Jeremia, auch durch die Klagelieder. Es ist unsere Schuld, dass es in der Welt zugeht, wie es zugeht. Es ist immer wieder unser Tun, das uns in unserem Ergehen einholt. „Klagebank – Anklagebank und geschenkter Neuanfang“ weiterlesen