Joel 4, 1 – 21
1 Denn siehe, in jenen Tagen und zur selben Zeit, da ich das Geschick Judas und Jerusalems wenden werde, 2 will ich alle Völker zusammenbringen und will sie ins Tal Joschafat hinabführen und will dort mit ihnen rechten wegen meines Volks und meines Erbteils Israel, weil sie es unter die Völker zerstreut und sich mein Land geteilt haben; 3 sie haben das Los um mein Volk geworfen und haben Knaben für eine Hure hingegeben und Mädchen für Wein verkauft und vertrunken.
Eine Schicksalswende. Um sie anzukündigen „verwendet der Prophet festgeprägte Formen und lehnt sich an einen aus der Kulttradition geläufigen Begriff endzeitlichen Denkens an.“ (A. Weiser, Die Propheten Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, ATD 24, Göttingen 1967, S. 123) Die Wende trifft nicht nur Juda und Jerusalem, sondern alle Völker. Juda und Jerusalem zum Heil, die anderen zum Gericht. An ihnen rächt sich, dass sie mit Israel wie mit einen Spielball ihrer Willkür umgegangen sind. Sie haben die Würde der Knaben, der Mädchen, der besonders Schutzbedürftigen missachtet. Auch hinter der Formulierung: sie haben das Los um mein Volk geworfen steht wohl der Sklavenhandel. Menschenware zu Billigstpreisen! Auf welche Zeit diese Anklage zutrifft, ist nicht zu entscheiden.
4 Und ihr, Tyrus und Sidon und alle Gebiete der Philister, was habt ihr mit mir zu tun?die Wollt ihr mir’s heimzahlen oder mir etwas antun? Eilends und bald lasse ich euer Tun zurückfallen auf euren Kopf, 5 die ihr mein Silber und Gold genommen und meine schönen Kleinode in eure Tempel gebracht habt. 6 Dazu habt ihr die Judäer und die Leute von Jerusalem an die Griechen verkauft, um sie weit weg von ihrem Lande zu bringen.
Noch einmal die Anklage: Menschenhandel, diesmal direkt an Tyrus und Sidon gerichtet, an die Philister. Sie haben das Land ausgeplündert, sich bereichert und dabei, nebenher, auch den Tempel geschändet. Wieder: wann das geschehen ist, ist nicht klar zu erkennen. Es mag sein, dass das ein Hinweis auf die Zeit der Seleukiden ist. Aber das ist doch sehr vage, hängt allein an dem Wort Griechen. Sicher ist nur, das „dass“ steht fest. Damit ist das Gebot Gottes missachtet worden. „Der Verkauf des Gliedern vom Volk Gottes war nicht erlaubt, nicht nur aus sozialen Gründen, sondern will sie Gott gehören und in ihr Gebiet, das Gott gehört und von Gott seinem Volk zugewiesen war.“ (M. Holland, Die Propheten Joel, Amos und Obadja, Wuppertaler Studienbibel AT 9, Wuppertal 1991, S. 74)
Es geht also in dem allem nicht nur um Übergriffe gegenüber Israel, sondern um Angriffe auf Gott selbst. Wer sich an seinen Leuten vergreift, vergreift sich damit an ihm. Diese Gleichsetzung wird sich durchziehen, bis in die Zeit der ersten Christenheit. Da wird der Christenverfolger gefragt: „Saul, Saul, was verfolgst du mich?“ (Apostelgeschichte 9,4) Was einer den Leuten Gottes antut, das tut er Gott selbst an. „Am Ende nur noch: Du“ weiterlesen