Titus 3, 1 – 15
1 Erinnere sie daran, dass sie sich den Obrigkeiten, die die Macht haben, unterordnen, dass sie gehorsam seien und zu allem guten Werk bereit, 2 niemanden verleumden, nicht streiten, freundlich seien und alle Sanftmut beweisen gegen alle Menschen. 3 Denn auch wir waren früher unverständig, ungehorsam, gingen in die Irre, waren mancherlei Begierden und Gelüsten dienstbar und lebten in Bosheit und Neid, waren verhasst und hassten uns untereinander.
Wieder – oder immer noch – geht es um die Lebensführung. Der Anfang erinnert an Worte aus dem Römerbrief: „Jedermann sei untertan der Obrigkeit, die Gewalt über ihn hat.“(Römer 13,1) Und: „Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt.“ (Römer 13,8)
Aber man liest zu wenig, wenn man nur Untertanengeist liest. Nur eine Aufforderung zum Wohlverhalten. Vielmehr geht es darum, dass im Leben von Christen ein Unterschied erkennbar wird zwischen dem, was sie früher waren und dem, was sie durch Christus heute sind. Es sind scharfe Gegensätze, die sich in Verhaltensmustern zeigen – Verhaltensmustern des Alltags und des sozialen Lebens und nicht nur Mustern ausgeübter Frömmigkeitspraxis.
Dass sie Christen sind, soll für andere eine gute Erfahrung sein – darum stehen Mahnungen im Vordergrund, die auf ein soziales Miteinander aus sind. Niemanden verleumden, nicht streiten, freundlich seien, alle Sanftmut beweisen gegen alle Menschen. Es sind in unserem Denken heute sozial verträgliche Standards, die hier gesetzt werden. Es ist die Forderung an die Frömmigkeit, dass andere etwas von ihr haben! Dass sie eben nicht nur dem eigenen seelischen Wohlbefinden dient, sondern spürbar wird als Wohltat für andere.
Ob sich darin zugleich eine Anpassung an die positive Ethik des Umfeldes zu Wort meldet und ob das bewusst aus apologetischen Gründen geschieht, kann offen bleiben. Aber es bleibt eine wichtige Beobachtung, dass die Mahnungen an die Gemeinde nicht völlig neben dem liegen, was als wertvolle ethische Haltung auch bei den ungläubigen Nachbarn Anerkennung finden dürfte. „Lebensgrund für alle: Gottes Menschenfreundlichkeit“ weiterlesen