Jakobus 5, 13 – 20
13 Leidet jemand unter euch, der bete; ist jemand guten Mutes, der singe Psalmen. 14 Ist jemand unter euch krank, der rufe zu sich die Ältesten der Gemeinde, dass sie über ihm beten und ihn salben mit Öl in dem Namen des Herrn.
Es ist schon irritierend und bemerkenswert zugleich: ausgerechnet Jakobus, der so sehr aufs Tun aus ist, schreibt solche Sätze über das Beten. Aber er ist sich selbst treu. Er entwickelt keine Theorie des Betens, sondern lädt ein zu einer Praxis des Betens. Man könnte auch sagen: Er will dazu helfen, dass aus den Leser*innen seines Briefes eine betende Gemeinde wird.
Wenn es Leidende gibt – beten. Der Ausleger aktualisiert: „Wir werden aufgerufen, uns füreinander einzusetzen in der Not unserer Schwachheit und Krankheit.“ (E. Thurneysen, Der Brief des Jakobus, Basel 1941/1959, S. 199)Nicht im Leiden verstummen. Wer vor Gott nicht verstummt, wird womöglich auch vor den Menschen nicht ins Schweigen versinken, sich selbst verschließen. Das Wort κακοπαθής ist ein wenig unspezifisch. Es kann ein Unglück bezeichnen, auch eine Niederlage, Verlust, aber wohl auch, dass einer „nicht gut drauf ist“. Mit sich selbst und der Welt zerfallen. Beten ist das Gegenmittel. Weil es einen öffnet.
Der andere Fall: es geht jemand gut. Er ist wohlgestimmt. Einig mit sich und der Welt. Und wieder der Rat: beten, diesmal singenderweise. Psalmen. Gemeint sind wohl nicht nur die biblischen Psalmen, sondern überhaupt Lieder. Singen ist ja mehr als nur ein Gemütssaufheller. Es lässt auch stabil bleiben.
Und schließlich: es gibt Kranke in der Gemeinde. Auch für sie gilt: nicht allein bleiben, sich nicht einigeln in die Krankheit. Damit sie nicht mit Gott, der Welt und sich selbst verfallen. Mag sein, der kranke Hund sucht die Einsamkeit. Der kranke Mensch, zumal das kranke Gemeindeglied soll nicht auf den Hund kommen. Nicht in Einsamkeit und Unsichtbarkeit verschwinden.
Sondern: sich mitteilen. Aus der Krankheit kein Geheimnis machen. „Nur nicht sich verkriechen mit seiner Sorge, seinem Leid, mit seiner Ratlosigkeit. Dann nur nicht stolz und einsam bleiben!“ (E. Thurneysen, aaO. S. 206) Dahinter steht wohl die Abwehr es uralten Gedankens: Krankheit sei eine Strafe Gottes für Fehlverhalten. Und darum zu verheimlichen. Nein, sagt Jakobus, der Kranke muss sich nicht verbergen. Er darf die Hilfe in der Gemeinde suchen.