Sacharja 1, 7 – 17
Am vierundzwanzigsten Tage des elften Monats – das ist der Monat Schebat – im zweiten Jahr des Königs Darius geschah das Wort des HERRN zu Sacharja, dem Sohn Berechjas, des Sohnes Iddos, dem Propheten:
Jetzt wird das Datum des Geschehens ganz genau festgehalten. Am 15. Februar 520 geschieht das Wort. Offensichtlich ist gleichfalls wichtig, wer Sacharja ist. Zum zweiten Mal wird die Generationen-Kette benannt: Sohn Berechjas, des Sohnes Iddos. Das könnte ein Hinweis sein: Gott richtet sein Wort nicht an ein unbeschriebenes Blatt, sondern an einen konkreten Menschen mit einem konkreten Familienzusammenhang.
8 Ich sah in dieser Nacht, und siehe, ein Mann saß auf einem roten Pferde, und er hielt zwischen den Myrten im Talgrund, und hinter ihm waren rote, braune und weiße Pferde.
Ein Gesicht in der Nacht. Ein Traum? Ein Albtraum? Wälzt sich Sacharja und sucht den Schlaf und findet ihn nicht – und stattdessen findet ihn dieses Gesicht? „In dieser Nacht hatte ich eine Vision.“ (Basisbibel) Das Wort, das geschieht, schließt Sehen mit ein, auch Hören. Wie ein Film läuft es vor den Augen des Sacharja ab. Pferde in allen Farbtönen und auf einem roten Pferd ein Mann.
Myrtenbäume im Talgrund, in der Tiefe. Myrten sind in der Antike Beerdigungs- und Hochzeitsschmuck. Hinweis auch auf den Eingang zur Unterwelt im Jenseits. Es geht aber hier nicht um die Scheol, um Einblicke in die Unterwelt, in eine jenseitige Welt. Aber es geht wohl darum, dass eine Grenzerfahrung auf Sacharja wartet: Die Weltwirklichkeit wird durchsichtig auf die Wirklichkeit Gottes in dieser Welt. Wenn man so will: Sacharja gerät ins „twilight“, ins Zwielicht, wo nichts mehr nur Realität ist und nichts mehr nur Schein.
9 Und ich sprach: Mein Herr, wer sind diese? Und der Engel, der mit mir redete, sprach zu mir: Ich will dir zeigen, wer diese sind. 10 Und der Mann, der zwischen den Myrten hielt, antwortete: Diese sind’s, die der HERR ausgesandt hat, die Lande zu durchziehen.
Der Prophet ist offenkundig kein professioneller Deuter von Träumen und Gesichten. Sonst würde er nicht fragen. Sonst würde er auch erst einmal abwarten, wie sich das Gesicht denn weiter entwickelt. Dieses Fragenmüssen rückt ihn heutigen Bibellesenden nahe. Es ist keine Schande, fragen zu müssen, nicht alles gleich zu verstehen. Da tritt ein Engel auf und ein Mann. Sie sprechen miteinander und Sacharja hört zu. Der erste Gedanke: Der Engel wird alles erklären. Das ist seine Rolle als angelus interpres, als Erklär-Engel. Der Mann zwischen den Myrten dagegen gehört in das Gesicht. „Keine Schreckensvision – tröstliche Worte“ weiterlesen