Jeremia 29, 1- 14
1 Dies sind die Worte des Briefes, den der Prophet Jeremia von Jerusalem sandte an den Rest der Ältesten, die weggeführt waren, an die Priester und Propheten und an das ganze Volk, das Nebukadnezar von Jerusalem nach Babel weggeführt hatte 2– nachdem der König Jechonja und die Königinmutter mit den Kämmerern und Oberen in Juda und Jerusalem samt den Zimmerleuten und Schmieden aus Jerusalem weggeführt waren -, 3 durch Elasa, den Sohn Schafans, und Gemarja, den Sohn Hilkijas, die Zedekia, der König von Juda, nach Babel sandte zu Nebukadnezar, dem König von Babel:
Jeremia hat einen Brief an die Weggeführten geschrieben. Ein Brief an die, die den Schmerz des Exils schon zu tragen haben. Ein Brief an die, die in Babylon sitzen und weinen, wenn sie an Zion denken. Ein Brief – ein Lebenszeichen aus der Heimat. Es sind die, die führende Leute in Jerusalem waren – hoch gestiegen und jetzt tief gestürzt. Es ist die „Elite“, die Führungsschicht, an die Jeremia schreibt. Es sind die Weggeführten nach dem ersten Fall Jerusalems im Jahr 597 v. Chr. Auch wenn sie im Exil sind – es ist wichtig, wie sie dort sind und denken und leben.
Aus der Angabe an die Priester und Propheten und an das ganze Volk kann man schließen: sie leben nicht zerstreut im ganzen Land, sondern sie dürfen zusammen wohnen. „Die Adressierung ist ein wichtiger Beleg dafür, dass die Babylonier den Weggeführten erlaubten, in eigenen Kolonien unter Führung von Ältesten zu siedeln, sich mithin in begrenztem Maß selbst zu verwalten.“(A. Graupner/R. Micheel, aaO. S.92) Wer will, dass sich Leute integrieren und nicht einfach nur Ghettos bilden, muss ihnen auch als Sieger Freiheiten ermöglichen. Begrenzt, aber doch Freiheiten
4 So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels, zu den Weggeführten, die ich von Jerusalem nach Babel habe wegführen lassen: 5 Baut Häuser und wohnt darin; pflanzt Gärten und esst ihre Früchte; 6 nehmt euch Frauen und zeugt Söhne und Töchter, nehmt für eure Söhne Frauen und gebt eure Töchter Männern, dass sie Söhne und Töchter gebären; mehrt euch dort, dass ihr nicht weniger werdet. 7 Suchet der Stadt Bestes, dahin ich euch habe wegführen lassen, und betet für sie zum HERRN; denn wenn’s ihr wohlgeht, so geht’s auch euch wohl.
Die erste Botschaft vor allen anderen Botschaften: So spricht der HERR Zebaoth, der Gott Israels. Es ist die ehrwürdige, altüberlieferte, feierliche Formel. Dies – Spruch des HERRN – verleiht den nachfolgenden Worten ihr Gewicht. Auch in der Fremde richtet Gott noch sein Wort an sie. Sie sind, fern der Heimat, doch nicht außerhalb der Reichweite der Worte ihres Gottes. „Gegenüber dem Kleinglauben, der bei der im fremden Land unter fremden Göttern weilenden Gemeinde leicht aufkommen konnte, als ob Jahwe den babylonischen Göttern unterlegen sei, deutet sie auf die unveränderte Autorität des Bundesgottes, dessen Macht auch in der Fremde nichts eingebüßt hat.“(A. Weiser, aaO. S.253) „Brief-Seelsorge“ weiterlesen