Matthäus 4, 12 – 17
12 Da nun Jesus hörte, dass Johannes gefangen gesetzt worden war, zog er sich nach Galiläa zurück.
Es ist nicht das Interesse des Evangelisten, eine nahtlose Erzählung zu präsentieren. Er reiht Texte aneinander.. Genauer: Geschichten, die im Umlauf sind. Erzählungen, die auf den Weg Jesu zurückblicken. Oft ohne jede Anmerkung, ohne den Versuch, den Leser*innen den Fortgang des Evangeliums plausibel zu machen..
Jesus ist also zurückgekehrt aus der Wüste. Aus der so „unwirklichen“ Wirklichkeit des Ringens mit dem Versucher in die wirkliche Welt. Aus der Einsamkeit der Wüste nicht in eine große Öffentlichkeit, sondern in eine Art „Rückzugs-Gebiet“, nach Galiläa. Dort hört er, dass Johannes gefangen gesetzt worden war. Παραδίδωμι – dahingegeben heißt im Griechischen, was in der Luther-Übersetzung gefangen gesetzt ist – das gleiche Wort, das für das Ausgeliefert Werden (20,18) Jesu in der Passion verwendet werden wird. Aber noch ist es nicht so weit. Jesus entzieht sich dem Machtbereich des Herodes und geht nach Galiläa. „Jesus geht allein deshalb nach Galiläa, weil es dem göttlichen Plan entspricht, dass er im Galiläa der Heiden wirkt.“ (U. Luz, aaO. S. 170)
Johannes begibt sich nicht in Gefangenschaft, er erleidet dieses Schicksal, gefangen gesetzt zu werden. Er ist in diesem Geschehen nicht aktiv, sondern passiv. Darum zögere ich ein wenig zuzustimmen: „Die Formulierung im Passiv deutet an, dass Gott auch dabei seine Hand im Spiel hat, obwohl das die Schuld der daran beteiligten Menschen nicht mindert. Auch das Schicksal des Täufers ist Konsequenz eines Auftrages, zu dem ihn Gott gesandt hat.“(W. Klaiber, Das Matthäus-Evangelium. Teil 1, Neukirchen 2015, S. 67) Nicht jedes Passiv deutet zwangsläufig auf Gottes Mitwirken hin. es erklärt sich manchmal auch einfach aus den Abläufen. Dass das Schicksal des Täufers letztlich aus seiner Treue zu seinem Auftrag erwächst, dem ist sicher zuzustimmen.
Warum reagiert Jesus auf die Nachricht von der Festnahme Johannes mit einem Ortswechsel? Es könnte sein, dass er befürchtet, in diese „Geschichte“ mit hineingezogen zu werden. Das würde allerdings voraussetzen, dass er sich irgendwie dem Johanneskreis zugeordnet fühlte. Darüber gibt es nur Spekulationen, keinen textfesten Informationen. Immerhin mag es sein, dass so etwas wie Furcht den Wechsel des Wohnortes mit bestimmt.