1.Korinther 5, 1 – 8
1 Überhaupt geht die Rede, dass Unzucht unter euch ist, und zwar eine solche Unzucht, wie es sie nicht einmal unter den Heiden gibt: dass einer die Frau seines Vaters hat. 2 Und ihr seid aufgeblasen und seid nicht vielmehr traurig geworden, sodass ihr den aus eurer Mitte verstoßen hättet, der diese Tat begangen hat?
Bis hierher ging es im Brief um Spaltungen, um Gruppenbildung, um geistliche Anmaßung. Ist das alles plötzlich kein Thema mehr? So, als würde Paulus jetzt nach dem Ringen um geistliche Klarheit jetzt auf die moralischen Verwerfungen in Korinth kommen?
Wahrscheinlicher scheint mir: die angemaßte geistliche Kraft, das geistliche Urteilsvermögen wird jetzt befragt auf seine Wirksamkeit im konkreten Gemeindealltag. „Überhaupt geht die Rede“ sagt Paulus und ich übertrage: Wie steht es denn jetzt mit eurer geistlichen Klarheit im Blick auf den folgenden Fall.
Der Fall: einer aus der Gemeinde hat seine Stiefmutter als Frau. γυνή πατρὸς, die Frau des Vaters ist im Alten Testament eindeutig die Stiefmutter. „Niemand soll seines Vaters Frau nehmen und aufdecken seines Vaters Decke.“(5. Mose 23,1)Wäre es seine eigene Mutter, würde Paulus das klar sagen. Ob es in dieser Beziehung um eine regelrechte Ehe geht, oder um eine „wilde“ Ehe, ist nicht klar. Auch nicht, ob der Vater noch lebt oder verstorben ist. Klar ist nur, wie Paulus diese Affäre, wenn es denn nur eine Affäre ist sieht: Unzucht übelster Art. So, dass sie auch bei den Heiden nicht akzeptabel ist. πορνεία, Porneia steht da, das Wort, aus dem sich unsere Worte Porno und Pornographie ableiten.
Der Vorwurf des Paulus an die Gemeinde heißt: Ihr, die ihr euch so urteilsfähig wähnt in geistlichen Dingen – ihr schweigt hier, schaut weg, haltet still. Aus Rücksicht? Aus Feigheit? Die richtige Reaktion, daran lässt Paulus keinen Zweifel wäre gewesen: Ausschluss aus der Gemeinde. Weil das Ganze eben nicht Privat-Sache ist, nach dem Motto: was einer in seinem Bett treibt, geht keinen etwas an. Sondern auf dem Spiel steht die Heiligkeit der Gemeinde. „Schon in Israel berührt eine Sünde immer die ganze Gemeinde. … Selbst eine eheähnliche Verbindung von Christen ist nicht reine Privatsache, wie es denn auch sonst für Paulus keine Privatethik gibt.“ (W.Schrage, Der erste Brief an die Korinther, EKK VII/1 Neukirchen 1991, S. 371)
Was der Einzelne, die Einzelne tut und treibt, wirkt sich auf die ganze Gemeinde aus. Sie ist ja als Ganze „der Tempel Gottes“(3,17), dessen Heiligkeit es zu bewahren und bewähren gilt. „Es ist nicht gleichgültig….“ weiterlesen