Matthäus 21, 18 – 22
18 Als er aber am Morgen wieder in die Stadt ging, hungerte ihn. 19 Und er sah einen Feigenbaum an dem Wege, ging hin und fand nichts daran als Blätter und sprach zu ihm: Nun wachse auf dir niemals mehr Frucht! Und der Feigenbaum verdorrte sogleich.
Eine merkwürdige Geschichte. Ein verärgerter Jesus, der einen Feigenbaum verflucht. Weil er an ihm für seinen Hunger nach Früchten sucht, aber keine findet. Was an für sich in der Jahreszeit – Frühjahr! – kein Wunder ist, auch keine Verweigern von Frucht. Um diese Jahreszeit kommen erst die ersten Blätter. Aber sie sind nur Vorboten der zukünftigen Frucht.
Was für eine Reaktion! „Ein infantiler Racheakt, ähnlich den Strafwundern, von denen die sogenannten Kindheitsevangelien berichten.“ (W.Klaiber, aaO.; S.101) So soll „Jesus in einem Wutanfall den Sohn des Annas wie einen Baum verdorren haben lassen, weil der Junge ihn beim Spielen störte.“(Kindheits-Evangelium des Thomas 1,4) Auf den ersten Blick wirkt es so. Es würde auch passen zur unbeherrschten Reaktion auf das bunte Tempeltreiben am Vortag.
Nur: Das Matthäus-Evangelium hat überhaupt kein Interesse an der psychischen Verfassung Jesu. Es ist auch kein Protokoll über Taten, die sich entsprechend auslegen lassen. Es erzählt vom Weg Jesu nach Jerusalem. Von seiner Suche nach dem Volk, von seiner Suche nach Frucht, nach dem Tun des Willens des Vaters im Himmel bei denen, die ihm begegnen.
Das könnte ein Hinweis sein: der Feigenbaum, so real er auch dort herumstehen mag, fruchtlos, ist doch zugleich ein Symbol. Für die Fruchtlosigkeit, die er im Volk findet. Der Feigenbaum taucht „biblisch mehrfach als Bild für Israel und Feigen als solches für Israelit/Israelitin auf.“ (U.Luz aaO.; S.201)Dann hätten wir es in dieser Verfluchung mit einer zweiten Zeichenhandlung nach der Tempelreinigung zu tun. Die Fruchtlosigkeit Israels wird festgestellt – für immer. In Ewigkeit. Aber nicht nur festgestellt in dem Sinn, dass sie konstatiert wird, sondern in dem Sinn, dass sie verhängt wird. Das Wort Jesu, so bezeugt es ja diese Geschichte, ist wirkendes Wort. „Berge versetzen?“ weiterlesen