Matthäus 27, 1 – 14
1 Am Morgen aber fassten alle Hohenpriester und die Ältesten des Volkes den Beschluss über Jesus, ihn zu töten, 2 und sie banden ihn, führten ihn ab und überantworteten ihn dem Statthalter Pilatus.
Es wirkt im Matthäus-Text nachgetragen. Aber immerhin müht man sich um den Anschein der ordentlichen Gerichtsbarkeit. In der Nacht dürfen keine Urteile gefällt werden. Deshalb warten alle Hohenpriester und Ältesten des Volkes mit ihrem endgültigen Todesurteil bis zum Morgen. Es ist ein formaler Vorgang, sowohl ihr Warten als auch ihr Beschluss.
Jetzt wird Jesus an den Statthalter Pilatus überstellt. Ich habe einmal in früheren Zeiten gelernt, dass die Juden die hohe Gerichtsbarkeit, z. B. Todesstrafen – nicht ausüben durften, in Anlehnung und Aufnahme eines Satzes aus dem Johannes-Evangelium: „Da sprach Pilatus zu ihnen: So nehmt ihr ihn hin und richtet ihn nach eurem Gesetz. Da sprachen die Juden zu ihm: Wir dürfen niemand töten. So sollte das Wort Jesu erfüllt werden, das er gesagt hatte, um anzuzeigen, welchen Todes er sterben würde.“(Johannes 18,31 -32).
Diese Auskunft bestätigen die Kommentare heutzutage nicht mehr. „Es ist nicht an dem, dass die Juden kein Recht zu Todesurteilen gehabt hätten.“ (J. Schniewind, aaO.; S.265) Es muss also einen anderen Grund gegeben haben, den jüdischerseits verurteilten Jesus an den römischen Statthalter zu überstellen. Aber Matthäus liefert uns keine Begründung. Es ist also ein wenig Spekulation: Die Ältesten suchen den Prozesss Jesu dahin zu lenken, dass er mit einer politischen Begründung verurteilt werden wird. Dazu brauchen sie Pilatus.
3 Als Judas, der ihn verraten hatte, sah, dass er zum Tode verurteilt war, reute es ihn, und er brachte die dreißig Silberlinge den Hohenpriestern und Ältesten zurück 4 und sprach: Ich habe Unrecht getan, dass ich unschuldiges Blut verraten habe.
Der Bericht über das Geschick Jesu wird unterbrochen durch einen Zwischenbericht über Judas. Als erstes erfahren die Leser, dass Judas seine Tat reut, das er sie bereut. Judas würde wohl gerne alles ungeschehen machen. Aber er kann seine Tat nicht mehr rückgängig machen. Jesus ist inzwischen in die Hände der Heiden ausgeliefert. „Zeit der Schuldigen – Zeit der Schuldlosen“ weiterlesen