Richter 9,1 ‑ 6
1 Abimelech aber, der Sohn Jerubbaals, ging hin nach Sichem zu den Brüdern seiner Mutter und redete mit ihnen und mit dem ganzen Geschlecht des Hauses seiner Mutter und sprach: 2 Redet doch vor den Ohren aller Männer von Sichem: Was ist euch besser, dass siebzig Männer, alle die Söhne Jerubbaals, über euch Herrscher seien oder dass “ein” Mann über euch Herrscher sei? Denkt auch daran, dass ich euer Gebein und Fleisch bin.
Der Vater, Gideon, hatte es noch abgelehnt, Herrscher, König zu werden. Ob er dabei seinen Sohn Abimelech schon mit im Auge hatte und deshalb ablehnte? Der Sohn jedenfalls will die Macht. Und er will sie nicht teilen. Unbetont wird doch mitgeteilt: Er stammt mütterlicherseits aus Sichern, wo der Baal‑Berit (8,33) verehrt wird.
Die Frage des Abimelech erinnert mich verrückter‑weise an den Satz des Kaiphas. “Es ist besser für euch, ein Mensch sterbe für das Volk, als dass das ganze Volk verderbe.’ ” (Johannes 11,50) Wer wollte schon im Ernst die Herrschaft einer ganzen Sippe, wo sich die Ansprüche multiplizieren. Da ist doch die Herrschaft eines Einzelnen “kostengünstiger”. Und immerhin: Abimelech stammt ab von Gideon, dem sie das Königtum angetragen hatten. Und dann sein Name: “Mein Vater ist König”. Der ist doch wie ein Versprechen: Du bist der Thronfolger. So scheint es jedenfalls Abimelech verstanden zu haben. Er wäre nicht der Erste und auch nicht der Letzte, der sich auch durch seinen Namen ermutigt und ermächtigt fühlt. Zu Höherem berufen. „König des Gemetzels“ weiterlesen