Daniel 12, 1 – 13
Zu jener Zeit wird Michael, der große Engelfürst, der für dein Volk eintritt, sich aufmachen. Denn es wird eine Zeit so großer Trübsal sein, wie sie nie gewesen ist, seitdem es Menschen gibt, bis zu jener Zeit. Aber zu jener Zeit wird dein Volk errettet werden, alle, die im Buch geschrieben stehen.
Es ist die Ahnung, dass es nicht vorbei ist mit den Zeiten der Bedrängung, bloß weil Antiochus Epiphanes tot ist. Das Abtreten eines Gewaltherren ist nicht das Ende aller Gewalt. Die Trübsal nimmt regelrecht überhand. Darum braucht es Michael, den Engelfürsten Israels. Darum braucht es den Beistand aus der Höhe.
Schon einmal war die Rede von Büchern, die aufgetan werden.(7,10) Hier nun geht es darum, dass die gerettet werden, die im Buch geschrieben stehen. Dahinter steht eine Erfahrung aus der Umwelt: Wer in der Bürgerliste einer Stadt, eines Landes steht, gehört zu denen, denen der Schutz der Stadt zuteil wird. „civis Romanus sum“ hat etwas von einer absoluten Schutzformel. Das wird übertragen auf die Vorstellung vom Gericht: Es wird öffentlich, was im Leben war, aufgedeckt in der Wirklichkeit Gottes. Aber wer im Buch des Himmels geschrieben steht, der hat „Bürgerrecht im Himmel“(Epheser 2,19) und wird von keiner Anklage mehr berührt. Darum sagt Jesus: „Freut euch aber, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ (Lukas 10,20) Das ist der Listeneintrag, der vor Ungeschick bewahrt.
2 Und viele, die unter der Erde schlafen liegen, werden aufwachen, die einen zum ewigen Leben, die andern zu ewiger Schmach und Schande. 3 Und die da lehren, werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.
Es ist eine der wenigen Stellen im Alten Testament, in denen die Auferstehungshoffnung in klare Worte gefasst ist. Es geht durch die Zeiten der Bedrängung der Auferstehung entgegen. Es ist eine Trostwort an die, die in der Zeit leiden, denen das Leben schwer gemacht wird. Es ist ein Trostwort für die, die in diesen Kämpfen Menschen verloren haben.
Und es ist zugleich ein mahnendes Wort. Auferstehung ist nicht für alle das „reine Glück“. Es mag Menschen geben, die mit gutem Grund darauf hoffen: Mit dem Tod ist alles aus. Das ist das Zeugnis, das Daniel aus dem Engelsmund empfängt: Es geht nicht für alle gleich aus. „Es wird eine Scheidung und Sichtung stattfinden, eine Auslese geheimnisvollster Art. Es wird solche geben, die „im Buch stehen“und solche, die nicht im Buch stehen. Gott selbst wird nicht Geschiedenes vereinen, sondern Vereinigtes scheiden“ (W. Lüthi, Die kommende Kirche. Die Botschaft des Propheten Daniel, 1937, S. 154)
Aber wer wohin gehört, ob in das Buch oder nicht, wird nicht von uns eingeteilt. Diese Botschaft darf nicht dazu missbraucht werden, die einen als ungläubig abzuschreiben und sich selbst schon einmal einen Platz im Himmel zu attestieren und das „Reserviert-Handtuch” auszubreiten. Wie alles biblische Reden vom Gericht geht es hier nicht um Tatsachen-Feststellung oder gar um Festschreibungen, sondern um einen Ruf zur Umkehr. Noch ist Zeit zu hören und sich zu Gott zu wenden. „Wann endlich“ weiterlesen