Jesaja 56, 1 – 8
1 So spricht der HERR: Wahrt das Recht und übt Gerechtigkeit; denn mein Heil ist nahe, dass es komme, und meine Gerechtigkeit, dass sie offenbart werde. 2 Wohl dem Menschen, der dies tut, und dem Menschenkind, das daran festhält, das den Sabbat hält und nicht entheiligt und seine Hand hütet, nichts Arges zu tun!
Das sind Grundlagen für das Gedeihen des Volkes: Recht und Gerechtigkeit. Beides aber wird begründet oder abgeleitet aus Gott: Weil sein Heil kommt, weil seine Gerechtigkeit offenbar werden will, deshalb soll sein Volk dem entsprechen. Und wer das als Glied des Volkes, als einzelner, ob Mann oder Frau tut, wer so lebt, der fördert das Leben. Und ein Zeichen für das Leben in der kommenden Gerechtigkeit Gottes ist das Halten des Sabbat. Der Sabbat als Identitätsmerkmal ist in in der Verbannung immer wichtiger geworden. Sehr offen formuliert ist: wer seine Hand hütet, nichts Arges zu tun! Klar aber ist: hier findet eine Einweisung in einen Lebensstil statt, der dem Glauben an den Gott Israels entspricht und der darum Zukunft hat.
3 Und der Fremde, der sich dem HERRN zugewandt hat, soll nicht sagen: Der HERR wird mich getrennt halten von seinem Volk. Und der Verschnittene soll nicht sagen: Siehe, ich bin ein dürrer Baum. 4 Denn so spricht der HERR: Den Verschnittenen, die meine Sabbate halten und erwählen, was mir wohlgefällt, und an meinem Bund festhalten, 5 denen will ich in meinem Hause und in meinen Mauern ein Denkmal und einen Namen geben; das ist besser als Söhne und Töchter. Einen ewigen Namen will ich ihnen geben, der nicht vergehen soll. 6 Und die Fremden, die sich dem HERRN zugewandt haben, ihm zu dienen und seinen Namen zu lieben, damit sie seine Knechte seien, alle, die den Sabbat halten, dass sie ihn nicht entheiligen, und die an meinem Bund festhalten, 7 die will ich zu meinem heiligen Berge bringen und will sie erfreuen in meinem Bethaus und ihre Brandopfer und Schlachtopfer sollen mir wohlgefällig sein auf meinem Altar; denn mein Haus wird ein Bethaus heißen für alle Völker. 8 Gott der HERR, der die Versprengten Israels sammelt, spricht: Ich will noch mehr zu der Zahl derer, die versammelt sind, sammeln.
Provozierend gefragt: Hat Gott dazu gelernt? Oder anders: Muss Israel dazu lernen? Soviel scheint mir klar: Der Heilswille Gottes macht nicht mehr an den natürlichen Grenzen halt, Die alten Ausschlussformeln für das Volk Gottes gelten nicht mehr. Bis dahin waren Krüppel und Fremde zwar schutzwürdig, aber nicht heilsfähig. Sie durften mit dem Volk leben, aber sie gehörten nicht in seine Mitte und waren ausgeschlossen aus seiner Mitte, aus dem Tempel.
In welche Debatte hinein werden diese Worte gesprochen? Es wird in Israel Stimme gegeben haben, die jetzt, nach dem Exil, das reine Israel fordern. Keine Gemeinschaft mit den Fremden. Kein Zutritt für Verschnittene zum Tempel – obwohl der doch noch gar nicht wieder aufgebaut war. Esra ist so eine Stimme in seinem Streit gegen die Mischehen (Esra 9-10).
Die These dahinter war wohl: Wir sind wegen des zu laxen Umgangs mit dem Gesetz ins Exil geraten. Es war die Folge der Untreue gegen das Gebot. Am Einfachsten erscheint dann eine Umkehr zum Gebot in der Abgrenzung: Keine Ausländer, keine Kastrierten. Da wird der Gehorsam gegen das Gebot klar und eindeutig.
Nach der Katastrophe des Exils lernt Israel neu. In der schrecklichen Zeit des Exils wird es auf neue Gotteswege vorbereitet. Sowohl die körperlichen Gebrechen als auch die Herkunft aus Fremd-Völkern werden von Gott nicht mehr als Hinderungsgrund angesehen, Zugang zum Gottesvolk und zum Tempel zu erlangen – mehr noch: zum Herzen Gottes.
Was für eine Rehabilitation, was für eine Wiedergutmachung an denen, die lange zurück gestoßen worden sind, ausgegrenzt, als Menschen zweiter Klasse angesehen. Eines der schönsten Worte Jesu klingt hier schon an: „Freut euch, dass eure Namen im Himmel geschrieben sind.“ Die unter den Menschen kein Gedächtnis haben, dem Vergessen verfallen scheinen, die werden in das Gedächtnis Gottes eingeschrieben. So höre ich Gott sagen: „Ich, Gott, gebe dem Zukunft, der keine hat. Ich bewahre das Gedächtnis dessen, der ohne Nachkommen dem Vergessen anheim fallen wird.“
Das Vertrauen auf Gott wiegt schwerer als körperliche Unversehrtheit. Das Vertrauen auf Gott wiegt schwerer als die Herkunft aus dem falschen Volk. In der Gola ist die allein bindende Gültigkeit der Tradition gebrochen worden und ein neuer ruf nach dem Gehorsam, dem Vertrauen als den Identitäts-Merkmalen des Gottesvolkes wird laut. Dieser Ruf über die Grenzen hinaus ist nicht gegen Israel gerichtet, aber es ist doch in Israel ein ruf, der neu zu hören ist. Tritt doch damit immer stärker der Weg des Glaubens als der Weg des einzelnen heraus.
Was für eine Provokation für Israel: Es gibt Fremde, die den Namen Gottes lieben, die den Sabbat halten. Es gibt Fremde, die tun, was Israel geboten war. Ihnen macht Gott das Tor weit auf. Ihnen macht Gott sein Herz auf. So weit öffnet Gott seinen zerstörten Tempel, dass er ein Bethaus für alle Völker werden soll.
Gott Du öffnest die Türen weit Du rufst die Völker von den Enden der Erde Du willst dass Dein Haus voll werde Du hast Deine Freude am Sprachengewirr auch noch nach Pfingsten.
Wir aber bleiben gerne unter uns Wir richten Zugangsbeschränkungen auf suchen nach klaren Kriterien für drinnen und draußen solange wir nur drinnen sind
Ob wir auch erst ins Exil müssen um von Dir Weite zu lernen Ob wir deshalb so wenige werden müssen damit wir uns neu freuen an denen die den Weg finden in Dein Haus zu Deinem Herzen
Mach Du uns weit offen einladend aus Deiner Liebe heraus. Amen